Wien: Kampf um Taximarkt vor Gericht

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Mitte Februar startet in Wien eine dritte Taxizentrale. Erst am Dienstag hat die Bundeswettbewerbsbehörde ein Verfahren wegen Marktmissbrauchs eingeleitet.

Wien. Die Wiener Taxiwelt gibt Gas. Zumindest, wenn man die Geschwindigkeit misst, mit der sie sich zur Zeit verändert. Am Dienstag reichte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) einen Antrag beim Kartellgericht ein. Die Behörde ist der Meinung, dass vonseiten der beiden großen Taxizentralen „31300“ und „40100“, die gemeinsam rund 2500 der insgesamt 4500 Wiener Taxis unter Vertrag haben, Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung vorliege.

Durch Exklusivitätsbestimmungen in den Funkverträgen der Zentralen ist es Taxiunternehmern nicht erlaubt, Aufträge auch von anderen Anbietern anzunehmen („Die Presse“ berichtete). Darin sieht der Wettbewerbshüter BWB ein unfaires Spiel: „Auf diese Weise wird anderen Mitbewerbern der Markteintritt verwehrt“, erklärt Stefan Keznickl, ein Sprecher der Behörde.

Im Fall von „31300“ habe es zusätzlich zu den Verträgen eine Dienstanweisung gegeben, die bei der Zentrale unter Vertrag stehenden Taxiunternehmern die Annahme von Aufträgen durch andere Vermittlungssysteme nochmals explizit untersage.

Vorteil für die Konkurrenz

Mit dem Antrag der BWB ist nun ein kartellgerichtliches Verfahren anhängig. Sollte die Wettbewerbsbehörde Erfolg haben, würden die entsprechenden Klauseln in den Funkverträgen von „40100“ und „31300“ für rechtswidrig und daher nichtig erklärt.

Die Bundeswettbewerbsbehörde rechnet nun mit einem raschen Verfahren und hofft, dass der Fall in wenigen Monaten abgeschlossen ist. Leopold Müllner, Geschäftsführer der größten Wiener Taxizentrale „40100“, sagte zur „Presse“, bei ihm seien noch gar keine Unterlagen eingetroffen.

Über das Verfahren freuen könnten sich die Konkurrenten, die in den letzten Monaten auf den Wiener Markt gedrängt sind. Die beiden App-Anbieter „myTaxi“ und „get-a-taxi“ haben derzeit Schwierigkeiten, mit Taxiunternehmern neu ins Geschäft zu kommen, um die eigene Flotte zu vergrößern. Die beiden App-Anbieter sehen den Grund hierfür in den Verträgen der großen Zentralen.

Auch die dritte Funkzentrale, „Taxiruf Wien“, mit der Nummer 36100 könnte von dem Verfahren profitieren. Ab Mitte Februar werden die Frankfurter Unternehmer Ralph und Holger Brück in Wien den Betrieb aufnehmen. Ihren Weg in den Wiener Taximarkt wollen die beiden Deutschen, die nach eigenen Angaben die zweitgrößte Funkzentrale in Frankfurt betreiben, mit geringeren Gebühren für ihre Funkzentrale finden: Der neue „Taxiruf Wien“ kostet die Fahrer nur mehr 336 Euro brutto im Monat, die Konkurrenz verlangt rund 600 Euro.

Die Wiener Taxiinnung begrüßt den neuen Teilnehmer auf dem Markt: „Was die Gebühren für die Funkzentralen betrifft, ist Wien sicher zu teuer“, sagt der Obmann der Wiener Taxiinnung, Christian Gerzabek.

Auch bei den Taxigästen will die neue Funkzentrale punkten: mit besserem Service. „Unser Beiname lautet: ,Die Freundlichen‘. Wenn die Mitarbeiter in der Taxizentrale freundlich sind und auch die Fahrer, dann kommen die Leute gerne wieder“, so Betreiber Ralph Brück. Mit rund hundert Taxis werden die Brücks voraussichtlich starten. Längerfristig benötigen sie bis zu 500 Taxis, um den Betrieb aufrechterhalten zu können.

Mit dem Verfahren der BWB dürften die Chancen gut stehen, bald neue Taxiunternehmer unter Vertrag nehmen zu können. Denn abgesehen von den geringeren Gebühren setzt die neue Funkzentrale auch auf Wettbewerb: „Wir sind ein Dienstleistungsuntenrehmen“, sagt Ralph Brück. „Uns steht es überhaupt nicht zu, den Taxiunternehmern die Verwendung von Apps oder das Fahren bei anderen Zentralen zu verbieten.“ Wenn der Fahrer dadurch mehr Kunden bekomme, sei das gut fürs Geschäft.

Keine Auswirkung auf den Preis

Die Wiener Taxiinnung sieht das freilich nicht so. „Grundsätzlich freuen wir uns über alles, was den Wettbewerb belebt“, sagt Obmann Gerzabek. „Was aber nicht geht, ist, wenn sich Taxifahrer sowohl die Kunden über die App als auch über die Funkzentrale holen.“ Der Kunde kenne sich ja nicht mehr aus. Und wer sei dann für die Beschwerden zuständig? „Man kann ja nicht auch einfach bei McDonalds einen Hamburger von einer anderen Firma kaufen“, sagt er.

Auf die Wiener Taxipreise wird sich weder das Verfahren noch die Taxizentrale auswirken. Die bestimmt der Landeshauptmann. „Sonst gäbe es bald Chaos und Anarchie am Taxistand“, sagt Obmann Gerzabek. Im Vergleich ist das Taxifahren in Wien mit 12,92 Euro für sieben Kilometer allerdings sogar billiger als in Salzburg mit 15,09 Euro. Europaweit gesehen liegt Wien im unteren Mittelfeld: Am teuersten ist das Taxifahren in Zürich (31,35 Euro), am billigsten in Lissabon (7,98 Euro).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2012)

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