Das Zeitfenster schließt sich. Washingtons Diplomaten und Militärs bedrängen Israel seit Monaten, vorläufig auf einen Militärschlag zu verzichten. USA fürchten Serie von Vergeltungsschlägen.
Washington. Die USA treibt die Sorge vor einem baldigen Militärschlag Israels gegen die iranischen Nuklearanlagen mit unabsehbaren Konsequenzen. Gegenüber dem „Washington Post“-Kolumnisten David Ignatius entwarf Verteidigungsminister Leon Panetta das Szenario eines israelischen Angriffs noch in diesem Frühjahr.
Danach hätte der Iran bis dahin genug angereichertes Uran in Untergrunddepots gelagert, was eine Attacke der israelischen Luftwaffe unmöglich machen würde. Israel wäre auf die USA und ihre bunkerbrechenden Bomben angewiesen. „Später ist vielleicht zu spät“, sagte demnach Israels Verteidigungsminister Ehud Barak angesichts der Verschiebung eines US-Militärmanövers mit Israel.
Washingtons Diplomaten und Militärs bedrängen Israel seit Monaten, vorläufig auf einen Militärschlag zu verzichten. Die Sanktionen gegen Teheran würden erst in den kommenden Wochen ihre volle, „beißende“ Wirkung entfalten, erklärte CIA-Chef David Petraeus jüngst bei einem Kongress-Hearing. Die iranische Währung sei bereits in Mitleidenschaft gezogen.
Obamas gebundene Hände
In Washington kursierte bisher die Befürchtung, Israel könnte den Intensivwahlkampf in den USA im Herbst zu einem Angriff gegen den Iran nutzen, weil Präsident Barack Obama die Hände gebunden wären. Zuletzt haben die Spannungen zwischen den USA und Iran an der Straße von Hormuz zugenommen. Iran droht mit einer Blockade, was den Ölpreis in die Höhe treiben würde.
Im Falle eines israelischen Angriffs erwarten die USA eine Serie von Vergeltungsschlägen iranischer Attentäter und der Hisbollah. James Clapper, der Koordinator der US-Geheimdienste, warnte vor Attentaten gegen israelische wie US-Einrichtungen. Ein Mordkomplott gegen den saudiarabischen Botschafter im Vorjahr in Washington war ein Signal.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2012)