Landkinder: »Die Kinder haben grenzenlos Platz zum Spielen und Toben«

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Leben auf dem Land: Die drei Eichwalder-Buben aus Walkenstein haben Wald und Wiese vor der Haustür. Verkehr und U-Bahn haben für sie Seltenheitswert. Dafür ist die nächste Volksschule fünf Kilometer entfernt.

Sie heißt Barbara, er heißt Andreas. Ihr kleines Reich beginnt gleich hinter der Ortseinfahrt von Walkenstein bei Sigmundsherberg im Waldviertel. „Da steht ein Schild ,Einfahrt verboten‘. Dort fahren Sie hinein und immer weiter. Wenn Sie glauben, es kommt nichts mehr, dann sind Sie da.“ Barbara (38) und Andreas (50) Eichwalder haben drei Buben: Sebastian (sieben), Laurenz (fünf) und Constantin (vier). Barbara und Andreas sind fest davon überzeugt, dass diese drei Buben genau richtig aufwachsen: auf dem Land.

Andreas Eichwalder war die treibende Kraft dahinter, dass er und seine Frau im Jahr 1998 eine alte Sägemühle in einem Ort mit 130 Einwohnern (Stand 2001) kauften. Keiner der beiden ist auf dem Land aufgewachsen, doch nach seiner Ausbildungszeit in Salzburg wusste der Chirurg: „Nie wieder Stadt!“ Die wird jetzt nur noch besucht, auf Ausflügen, die die drei Buben mit einer völlig anderen Welt konfrontieren: „Mit dreien ist man in der Stadt ganz schön im Stress“, sagt Barbara Eichwalder. „Man muss immer aufpassen, dass keiner über die Straße rennt. Und in der U-Bahn-Station schauen sie in jeden Mistkübel.“

Jeden Tag draußen. Verkehr und U-Bahn haben für die drei Eichwalder-Buben einen ähnlichen Seltenheitswert wie Kühe für Stadtkinder. Die Familie lebt umgeben von einem riesigen ursprünglichen Grund, mit Wiese, Wald und einem Flüsschen. „Die Kinder haben einfach grenzenlos Platz zum Austoben“, sagt Barbara Eichwalder. „Sie müssen über keine Straße, es gibt kaum Autos, gute Luft, und sie können Lärm machen, so viel sie wollen.“ Durch den großen geschützten Außenraum sei körperliche Bewegung täglich ein Fixpunkt. „Die Kinder können sich entfalten“, meint Andreas Eichwalder. „Im Sommer sind alle mit Hammer und Säge draußen.“

Besuch kommt und geht, die Eltern im Dorf helfen einander, insgesamt gibt es zehn Kinder im selben Alter. Den Traum vieler (Stadt-)Eltern, die Kinder einfach vor die Tür zu schicken, erfüllen sich die Eichwalders allerdings nicht. Die Kinder spielen nie unbeaufsichtigt draußen, ein Erwachsener ist immer auf Posten.

Da Sebastian, Laurenz und Constantin zwar auf dem Land, aber nicht auf einem Bauernhof aufwachsen, gibt es in ihrem Leben dennoch recht viele Berührungspunkte mit „Stadtkindern“. Beide Eltern sind berufstätig, daher müssen Omas oder Babysitter einspringen, wenn der örtliche Kindergarten um 13 Uhr endet.

Nachmittagsbetreuung gibt es keine. Die Volksschule in Walkenstein wurde aufgelassen, Sebastian fährt mit dem Schulbus ins fünf Kilometer entfernte Sigmundsherberg. Die Eltern fördern die Kinder mit Tenniskurs, Schwimmkurs und Musikunterricht. Gleichzeitig sehen die Kinder genauso fern, spielen Nintendo oder am Computer wie ihre Alterskollegen in der Stadt.

Zukunft Taxichauffeur.
Später, das sehen die Eltern ganz realistisch, wird die Annäherung noch größer, die Bedürfnisse der Kinder vielfältiger und auch arbeitsaufwendiger werden. „Uns ist schon klar, dass wir irgendwann zu Taxichauffeuren werden“, sagt Andreas Eichwalder. „Ich habe dennoch überhaupt nicht das Gefühl, dass ich meinen Kindern etwas vorenthalte, weil sie nicht in der Stadt aufwachsen. Aber spätestens zum Studium werden sie alle nach Wien verschwinden.“ Nachsatz: „Und mit 30 zurückkommen.“

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