Sexueller Missbrauch: Papst will Erneuerung der Kirche

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Mehr als 100 Bischöfe nehmen bis Donnerstag an der Konferenz "Heilung und Erneuerung" in der Gregoriana-Universität in Rom teil. Benedikt XVI. fordert den effektiven Schutz und Hilfe für die Opfer.

Zum Auftakt einer Konferenz der katholischen Kirche zum Thema Kindesmissbrauch hat Papst Benedikt XVI. eine "tiefgehende Erneuerung" der Kirche gefordert. Die "Heilung" der Opfer müsse für die christliche Gemeinschaft von größter Bedeutung sein und Hand in Hand mit einer Erneuerung der Kirche "auf allen Ebenen" gehen, hieß es in einem Grußwort des Papstes an die Teilnehmer der am Montag in Rom begonnenen Konferenz. Benedikt XVI. mahnte in der vom Vatikan veröffentlichten Botschaft zudem eine "rigorose Kultur des effektiven Schutzes und der Hilfe für Opfer" an.

Bei der viertägigen Konferenz diskutieren Würdenträger und Kirchenexperten aus aller Welt hinter verschlossenen Türen über Maßnahmen zur Verhinderung sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in der katholischen Kirche. An dem seit etwa zwei Jahren geplanten Kongress an der von Jesuiten geführten Päpstlichen Universität Gregoriana nimmt der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng teil. Missbrauchsskandale in mehreren Ländern hatten die katholische Kirche in den vergangenen Jahren in eine tiefe Krise gestürzt.

An der Konferenz nehmen unter anderem die Bischöfe aus 110 Staaten und die Führer von 34 Religionsorden teil - aber nur ein Missbrauchsopfer, die Irin Marie Collins. Opferverbände übten am Montag heftige Kritik an der Konferenz. Sue Cox von der Opfervereinigung Survivors Voice sprach von einer "PR-Aktion". "Das ist wirklich nur Theater. Das ist sinnlos." Roberto Mirabile von der italienischen Opfergruppe La Caramella Buona sagte, es müsse eine "konstruktive Debatte geben". Collins dagegen sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung".

"Kirche muss sich Verantwortung stellen"

Der Missbrauchsskandal hatte in den vergangenen Jahren vor allem in Europa und den USA die katholische Kirche in schwere Bedrängnis gebracht. "Die Kirche muss sich ihrer Verantwortung stellen", sagte der deutsche Jesuitenpater und Psychologe Hans Zollner, ein Mitorganisator der Konferenz, dem Radio Vatikan. Der Missbrauch sei verdrängt worden, man habe Opfer und Täter falsch behandelt und Schuld auf sich geladen, erklärte Zollner. Vermieden werden soll, das Problem nur aus europäischer und nordamerikanischer Sicht zu sehen. Deshalb hat der Kongress die gesamte Weltkirche im Blick.

Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, hat ein stärkeres Vorgehen gegen sexuellen Missbrauch gefordert. Der "Ernst dieser Verbrechen" dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Sexuell übergriffige Geistliche machten zwar nur eine kleine Minderheit unter Klerikern aus, hätten aber den Opfern und der Kirche großen Schaden zugefügt.

Kardinal Levada rief die Bischofskonferenzen weltweit zu mehr Eigeninitiative beim Erstellen von Richtlinien im Umgang mit sexuellem Missbrauch auf. Viele Konferenzen hätten schon eigene Normen erlassen, beispielsweise die USA, Deutschland, Frankreich, Südafrika und Australien. Oft seien sie aber erst in Reaktion auf die Aufdeckung skandalöser Fälle durch die Medien entstanden, so Levada.

Mit zivilen Behörden zusammenarbeiten

Die Kirche müsse bei der Aufklärung mit zivilen Behörden zusammenarbeiten, unterstrich der Kardinal, bei dessen Kongregation auch die kirchenrechtliche Strafverfolgung angesiedelt ist. Das Beichtgeheimnis müsse aber weiterhin unantastbar bleiben. Seelsorgliche Aufgabe der Kirche sei es, den Opfern zuzuhören und sie zu begleiten. Ein persönliches Beispiel habe Benedikt XVI. durch seine Treffen mit Missbrauchsopfern während verschiedener Auslandsreisen gegeben.

Zum Schutz Minderjähriger müsse die Kirche ihre Mitarbeiter schulen und für das Thema stärker sensibilisieren, sagte Levada. Zugleich müsse sie Eltern und Kinder über sexuellen Missbrauch in der Gesellschaft aufklären. Der Kardinal forderte eine angemessene Ausbildung künftiger Priester. Vor allem beim Wechsel von Priesteramtskandidaten in andere Diözesen sei Aufmerksamkeit geboten.

Durch die größere öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema ist in den vergangenen Jahren die Zahl der an seine Behörde gemeldeten Fälle von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen deutlich gestiegen, berichtete Levada. Seit 2001 seien bei der Glaubenskongregation mehr als 4000 Fälle gemeldet worden, sagte der Präfekt. Dies mache deutlich, dass eine nur kirchenrechtliche Antwort unangemessen sei. Neben Normen für straffällige Kleriker gehe es auch um den bestmöglichen Beistand für Opfer, Förderung von Kinderschutzprogrammen und die Ausbildung von künftigen Priestern.

(Ag.)

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