Was Facebook einem Wiener Studenten verspricht

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Sechs Stunden hat Jusstudent Max Schrems am Montag mit Vertretern von Facebook in Wien verhandelt. Das Netzwerk sieht sich als "großen Öltanker" und gibt zu, dass es Probleme beim Löschen von Daten hat.

Wien. Eigentlich, sagt Max Schrems, finde er es „völlig absurd“, dass ein Student stellvertretend für alle Nutzer „mit einem Multi“ wie Facebook verhandeln muss. Wenn er so sein Ziel erreiche, dass man das Online-Netzwerk künftig sorgenfrei nutzen kann, spiele er aber gern noch eine Weile „den Posterboy“, sagt er und lächelt selbstbewusst. Am Montag verhandelte der 24-jährige Salzburger sechs Stunden lang mit dem Facebook-Europa-Manager Richard Allan und einer Vertreterin des Konzerns aus den USA über die 22 Datenschutzklagen.

„Wir haben unsere Standpunkte ausgetauscht und relativ viele neue Informationen bekommen“, resümiert Schrems einen Tag später vor Dutzenden Kamerateams und Fotografen das Treffen in einem Hotel am Wiener Flughafen. Er sei darin bestärkt worden, dass Facebook die Gesetze in vielen Fällen einfach „neu interpretiert“. Die Vertreter von Facebook hätten zugegeben, dass es bisher technische Probleme mit dem Löschen gegeben habe, weshalb in manchen Datensätzen von Facebook-Nutzern Fotos gefunden wurden, die der Nutzer längst gelöscht hat.

Facebook versprach, die Systeme so zu ändern, dass „Löschen“ wirklich löschen bedeutet. Zugesagt wurde auch, dass die Kritik von Schrems' Initiative Europe-vs-Facebook in die neuen Datenschutzbestimmungen aufgenommen und transparent gemacht werde, welche Daten Facebook von Nutzern speichert. Schrems sagt: „Diese Firma ist höchstgradig unprofessionell. In deren Richtlinien stehen Dinge, die ihnen jeder erstsemestrige Student streichen würde.“ Die Facebook-Vertreter selbst hätten sich am Montag als „großen Öltanker“ bezeichnet, „der sich langsam in die richtige Richtung bewegt“. Man sei also erst langsam auf dem Weg, europäischen Gesetzen zu entsprechen.

Die Kritik der Wiener nahm Facebook, das nun an die Börse will, sehr ernst, so Schrems. Er werde sich aber nicht mit Versprechungen zufriedengeben, sondern hofft auf eine formelle Entscheidung der irischen Datenschutzbehörde und dass die EU in Zukunft eine aktivere Rolle übernimmt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2012)

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