Steuerreform gibt es nur im Einvernehmen mit Ländern

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Die Länder fordern für ihren 5,2-Milliarden-Euro-Beitrag zu den Einsparungen ein Drittel der neuen Einnahmen. Details des Deals sollen nach Vorliegen eines endgültigen Vorschlags des Bundes abgeklärt werden.

J.n./Red./Apa. Nein, an den Ländern liegt es nicht, sollte das Sparpaket diese Woche doch nicht fertig werden. Das war Franz Voves (SPÖ), dem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, offenbar sehr wichtig. Noch vor der kommenden Mittwoch tagenden Finanzreferenten-Konferenz verkündete er gestern, Donnerstag, die versprochene Zustimmung der Länder zu ihrem Anteil am Sparpaket – es sei „die größte Herausforderung, die wir jemals eingegangen sind“. Demnach werden sich die Länder mit einem Konsolidierungsbeitrag von 5,2 Mrd. Euro bis 2016 – das ist ein Jahr früher als ursprünglich vereinbart – einbringen.

Das „Ja“ zum Sparpaket ist jedoch ein „Ja, aber“, denn die Länder knüpfen ihre Zusage an mehrere Bedingungen, die laut Voves von der Regierungsspitze auch schon abgesegnet wurden. Gleich vorweg wird in dem Schreiben an Kanzler und Vizekanzler eine „darüber hinausgehende Mehrbelastung“ der Länder ausgeschlossen: Eine Steuerreform in diesem Zeitraum könne es nur im Einvernehmen mit den Ländern geben, sagt Voves: „Wenn wir schon so ein Riesenvolumen zusagen, kann uns nicht durch die Hintertüre etwas anderes treffen.“ Im Einzelnen sieht das Schreiben Folgendes vor:

• Länder und Gemeinden werden bei neuen Steuern entsprechend dem Finanzausgleichsschlüssel beteiligt. Sprich: Mindestens ein Drittel soll an sie und die Gemeinden fließen. Außerdem darf der Bund bei den neuen Steuern keine Zweckbindungen für Länder und Gemeinden fixieren.

• Entweder sollen Finanzausgleich, Krankenanstaltenfinanzierung und Stabilitätspakt gemeinsam mit Ende 2016 auslaufen. Oder sie müssen – falls der Bund einen neuen Finanzausgleich oder eine neue Krankenanstaltenfinanzierung nach 2014 überlegt – mit Ländern und Gemeinden beschlossen werden.

• Erhöhungen des Krankenanstaltenbeitrages oder Erträge aus der Anhebung der Höchstbemessungsgrundlage werden nach den Prozentsätzen der derzeitigen Krankenanstaltenfinanzierung auf die Gebietskörperschaften verteilt. Auch hier gibt es keine Zweckbindung, etwa für die Pflege, was Länder und Gemeinden anbelangt.

• Auch die Vereinbarung zur Pflegefinanzierung (Pflegefonds), die 2014 ausläuft, soll bis 2016 verlängert werden.

• Wie die Länder in Summe ihre jährlichen Konsolidierungsbeiträge erbringen, ist Angelegenheit von Verhandlungen zwischen den Ländern. Entscheidend ist allein, dass sie 2016 ein Nulldefizit haben. Vorgaben bei der Kostenentwicklung bei der Krankenanstaltenfinanzierung und Fünf-Prozent-Kürzung der Förderung im Ermessensbereich werden von den Ländern aber als Richtwerte akzeptiert.
•Bestimmungen über Sanktionen werden nur einvernehmlich fixiert.
•Bei den Einnahmen aus Verwaltungsstrafen sind über die Aufteilung noch Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinde- und Städtebund zu führen.

Die Details des Deals, so heißt es in dem Schreiben weiter, sollen erst nach Vorliegen eines endgültigen Vorschlags des Bundes abgeklärt werden. Bei Infrastrukturprojekten wie Brenner-, Koralm- und Semmering-Basistunnel gehe es noch um das „Aufdecken von Einsparpotenzialen“, so Voves. Bis zu 500 Mio. Euro wären möglich. Von einer Verschiebung des Baustarts bei Koralm- und Semmering-Basistunnel geht er aber nicht aus. Bis auf Kärnten – von wo man noch nichts wisse – habe man von den Landeshauptleuten nur positive Rückmeldungen zum Länderpapier bekommen, sagt Voves.

Eine weitere Sparpaket-Neuerung, die auch die Länder betrifft, berichtet die Tageszeitung „Heute“ in ihrer Freitagsausgabe: Demnach seien sich ÖVP und SPÖ einig, dass der Bundesrat nach den nächsten Wahlen um ein Drittel, von 62 auf 42 Vertreter, gekürzt wird. Bisher war nur von einer Verkleinerung auf 52 die Rede. Weiters soll die Verkleinerung des Nationalrats von 183 auf 165 fix sein („Die Presse“ berichtete), und die Zahl der Regierungsmitglieder soll auf maximal 16 beschränkt werden – derzeit sind es, inklusive Staatssekretäre, 18.

Pensionisten sollen noch heute zustimmen

Die Pensionisten sind zuversichtlich, dass auch sie – nach letzten Gesprächen – Freitagmittag ihr definitives „Ja“ zum Sparpaket abgeben können. Jetzt gehe es darum, dass alle betroffenen Verhandlungspartner die Nerven behalten, sagt die stellvertretende Generalsekretärin des österreichischen Seniorenbunds, Susanne Walpitscheker.

Die Zustimmung der Pensionisten sei davon abhängig, ob auch alle anderen einen angemessenen Beitrag zum Sparpaket leisten. Schwierig sei die Aufteilung der Belastungen. Es müsse sichergestellt werden, dass die Einsparungen jene, die in den nächsten Jahren aufgrund gesetzlicher Schlupflöcher in Pension gehen wollen, in gleichem Ausmaß treffen, wie jene Personen, die bereits in Pension sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2012)

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