Steht die Med-Uni vor dem Aus? Mitarbeiter protestieren gegen die Uni-Spitze um Rektor Lochs. Die Turbulenzen könnten eine mögliche Fusion mit der Uni Innsbruck beschleunigen.
Wien/Innsbruck/Apa/Red. Der weitere Fortbestand der Medizinischen Universität Innsbruck als eigene Uni wird immer unwahrscheinlicher. Während die Uni versucht, mittels Einsparungen das klaffende Finanzloch von rund 5,4 Millionen Euro zu stopfen, ist die Situation nun eskaliert: Bei einer Betriebsversammlung am Mittwoch haben die Ärzte der Uni-Spitze um Rektor Herbert Lochs ihr Misstrauen kundgetan.
Zwar sprachen sich die Bundesärzte mehrheitlich für die Sparvorschläge des Rektorats aus – darunter fällt die Ankündigung, dass diese ab 1. April keine Nacht- und Wochenenddienste mehr leisten sollten. Für die 240 betroffenen Mediziner hat das handfeste Konsequenzen: Teilweise verlieren sie durch die Nacht- und Wochenenddienste, mit denen sie den Personalmangel der Klinik abdeckten und die bisher von der Med-Uni übernommen wurden, zwischen 30 und 50 Prozent ihres Gehalts.
Dominant war allerdings der Frust über die Uni-Führung. Es gehe um einen „aufgeblähten Verwaltungsapparat und das Rektorat und den Uni-Rat im Speziellen“, berichtete die „Tiroler Tageszeitung“. Das Personal sei frustriert, zornig und mit der Betriebsführung unzufrieden. Der Betriebsrat forderte überhaupt, die Med-Uni unter Finanzaufsicht des Ministeriums zu stellen – eine Forderung, die die Vorsitzenden der Uni-Gremien allerdings nicht teilen. Die Finanzmisere habe nicht mit dem derzeitigen Rektorat zu tun, sagte etwa Uni-Rats-Vorsitzende Gabriele Fischer gegenüber dem ORF-Tirol – sondern mit früheren Rektoraten. Sobald die Frage des klinischen Mehraufwands beantwortet sei – also der Verteilung der finanziellen Last in puncto Uni-Klinik zwischen Bund und Land – sei die Universität wieder in der Lage, ihre finanziellen Probleme selbst zu lösen, sagt auch Senatsvorsitzender Martin Krismer.
Fusion mit Uni Innsbruck?
Dennoch: Rektor Lochs dürften die aktuellen Geschehnisse empfindlich unter Druck setzen. Er spielte am Donnerstag allerdings auf Zeit: In einer kurzen schriftlichen Stellungnahme hieß es, dass die Zustimmung der Bundesärzte zu den Sparvorschlägen positiv sei. Das von den Mitarbeitern der Uni ausgesprochene Misstrauen kommentierte die Uni-Führung aber nicht.
Die Turbulenzen kommen zu einem Zeitpunkt, da die eigenständige Existenz der Med-Uni Innsbruck ohnehin infrage gestellt wird: Seit Ende des Vorjahres wird diskutiert, ob sie – nur acht Jahre nach ihrer Ausgliederung – wieder in die Innsbrucker Leopold-Franzens-Uni eingegliedert werden sollte. Eine Arbeitsgruppe, die sich mit Vor- und Nachteilen einer Fusion befasst, gibt es schon. Uni-Innsbruck-Chef Tilmann Märk hat bereits klargemacht, dass er sich eine Volluniversität inklusive medizinischer Fakultät wünscht.
Auch das Land Tirol – das erst kürzlich erklärte, dass es für die finanziellen Schwierigkeiten der Uni nicht in die Bresche springen wolle – sprach sich erst diese Woche in einem Regierungsbeschluss für eine Fusion der beiden Unis aus. Am Dienstag soll es zwischen Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) und der Führung der Med-Uni zu einem klärenden Gespräch kommen. Vordergründig soll es dabei um die finanzielle Lage gehen – es könne nicht angehen, dass die Uni mit den vereinbarten Mitteln nicht auskomme und dann Patienten und Bund drohe, so Töchterle. Allerdings hat er sich schon zuvor mehrfach für eine Zusammenlegung von Uni und Med-Uni ausgesprochen.
Auf einen Blick
Der Med-Uni Innsbruck fehlen für das laufende Jahr 5,4 Millionen Euro. Diese will die Uni-Leitung durch Streichung von Nacht- und Wochenenddiensten einsparen. Das würde gravierende Einschnitte bei den Einkommen der Belegschaft bedeuten. Nun sprachen die Ärzte dem Rektor in einer Betriebsversammlung das Misstrauen aus.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2012)