Zehn Opfer sollen sich gemeldet haben. Die Stadt hat 180.000 Akten über damalige Heimkinder. Sie prophylaktisch zu durchforsten, sei unmöglich.
Wie kürzlich bekannt wurde, soll an Heimkindern an der damaligen Wiener Universitätsklinik für Psychiatrie und Neurologie in den 1969er-Jahren "Malariatherapie" praktiziert worden sein. Nun melden sich offenbar immer mehr Betroffene.
"Der Strom der Opfer, die sich melden, reißt nicht ab. Es sind mittlerweile mindestens zehn", sagte am Freitag der Wiener Anwalt Johannes Öhlböck.
"Abkühltherapie für Pubertierende"
Die Angaben des Wiener Anwalts: "Es haben sich Betroffene gemeldet, die von solchen Therapien oder Versuchen ab 1957/1958 bis 1967/1968 berichteten. Ich komme auf rund 260 Kinder, die man dafür (als vorübergehende Träger von Plasmodium vivax, Anm.) benötigte. Die Erreger wurden ja von Person zu Person übertragen - das funktionierte jeweils 14 Tage."
Ein nach eigenen Angaben Betroffener hätte berichtet, dass es sich um eine "Abkühltherapie für Pubertierende" gehandelt hätte. Darüber hinaus sei in den Aussagen von Elektroschocktherapien, von "Niederspritzen" und "Schlaftherapien" die Rede.
"Wie die Nadel im Heuhaufen"
Die Stadt Wien kann keine Auskunft darüber geben, an welchen Heimkindern eine solche Behandlung durchgeführt wurde. In den Archiven lagern mehr als 180.000 Akten über damalige Heimkinder, nach Namen geordnet. Eine Aktenrecherche etwa nach Jahren sei nicht möglich. "Da sucht man wie die Nadel im Heuhaufen", erklärte eine Sprecherin der Wiener MA11 (Jugend und Familie) am Freitag.
Man könne nicht alle Akten prophylaktisch ausheben und durchforsten: "Das ist ein Ding der Unmöglichkeit", unterstrich die Sprecherin. Jedoch hätten Betroffene die Möglichkeit, Einsicht in ihre Akten zu nehmen. Sobald das Amt nämlich einen Namen hat, ist die Suche in den Archiven möglich: "Es wird geschaut, ob es alte Unterlagen gibt. Diese werden dann ausgehoben." Die Betroffenen erhalten auch eine Kopie der Unterlagen.
Die Dokumentation der medizinischen Behandlungen in den Akten sei jedoch unterschiedlich, so die Sprecherin: "Wie detailliert das ist, das ist von Fall zu Fall verschieden." Deswegen sei auch völlig offen, ob Malariatherapien darin festgehalten wurden.
(APA)