Drinnen, an der frischen Luft

Raumklima: Steigende Anforderungen an die Haustechnik: Wird die Komfortlüftung bald zum Standard erhoben?

Neue Gebäude müssen technisch immer mehr können: Ziel ist ab 2020 das Nullenergiehaus. In den kommenden Jahren werden die EU-Mitgliedstaaten ihre Bauordnungen sukzessive an die Bestimmungen der Energieeffizienzrichtlinie anpassen. Damit werden nicht nur die Ansprüche an Dämmung und Heizung nach oben geschraubt – indirekt auch andere Teile der Haustechnik. Mit der hocheffizienten Isolierung der Gebäude entsteht etwa das Problem der Durchlüftung der Innenräume. Die im Winter noch oft praktizierte Fensterlüftung ist nicht nur unpraktisch, sondern „würde auch die verschärften Bestimmungen zum Heizwärmebedarf (HWB) bei neuen Gebäuden unterminieren“, erklärt Peter Tappler, zertifizierter Sachverständiger für Innenraumanalytik. Er meint, dass Häuslbauer bald nicht mehr um eine kontrollierte Wohnraumlüftung herumkommen.

1Welche Argumente sprechen für eine Komfortlüftungsanlage?

Bei der kontrollierten Wohnraumlüftung wird die verbrauchte Luft mittels einer automatischen Lüftungsanlage kontinuierlich abgeführt und durch frische ersetzt. Moderne Komfortlüftungen entziehen der abgeführten Luft zudem über einen Wärmetauscher die Wärme, sodass keine Heizenergie verloren geht. „Die so rückgeführte Energie entspricht in etwa dem Energiewert, der für den Betrieb einer Komfortlüftung aufgewendet wird. Die Betriebskosten sind also neutral“, erklärt Andreas Greml, Geschäftsführer des gleichnamigen auf Lüftungstechnik spezialisierten Ingenieurbüros. Eine derart automatisierte Lüftung ersetzt die verbrauchte Luft, und entzieht ihr auch die Feuchtigkeit, womit der Schimmelbildung vorgebeugt werden kann. „Ein Problem, das bei hochgedämmten Gebäuden nicht nur die Feuchträume betrifft“, so der Experte.

2Wäre eine automatisierte Fensterlüftung eine Alternative?

„Kaum“, meint Heinrich Huber, Senior Scientist des Energy Departments am AIT Austrian Institute of Technology. Zwar gewährleiste eine automatisierte Fensterlüftung mit ihrem motorischen Antrieb, der mittels Zeitprogramm oder anhand der Raumluftqualität wie Feuchtegrad oder CO2-Gehalt gesteuert wird, ebenfalls einen gewissen Komfort. Es bliebe aber gleichzeitig die Außenluft ungefiltert, und Einbußen bei Schallschutz, Staubbelastung und thermischem Komfort seien in Betracht zu ziehen. „Es erfolgt keine Wärmerückgewinnung, wodurch nur schwer die geforderten niedrigen Heizlasten erreicht werden können.“

3Welche Probleme können bei Lüftungsanlagen auftreten?

Die häufigsten Beschwerden betreffen eine zu trockene Raumluft im Winter sowie Lärmbelästigung durch den Anlagenmotor. „Solche Probleme sind in der Regel aber nur das Resultat einer falschen Planung oder eines unsachgemäßen Einbaus. Professionell ausgeführt, ist der Wohnkomfort deutlich besser als beispielsweise bei Fensterlüftungen“, versichert Tappler. Gleichzeitig meint er, dass bei der Professionalität der Lüftungstechniker großer Nachholbedarf bestehe. „Vor allem bei den Installateuren gibt es noch sehr wenige, die das auch wirklich können.“ Raucher müssen weiters beachten: Zu den Eigenheiten der Anlagen gehört es, dass sie die Luft – also auch den Rauch – gleichmäßig verteilen. „Dem kann man mit einem Raucherraum mit getrenntem Abzug vorbeugen“, so Greml.

4Worauf muss man denn beim Einbau einer Komfortlüftung achten?

„Die Komponenten einer solchen Anlage müssen – von den Rohren bis zum Motor – zusammenpassen wie bei einem Auto“, erklärt der Experte. Vorzuziehen seien deshalb hochwertige, energieoptimierte Geräte mit Feuchterückgewinnung. Ein wichtiger Punkt sei auch eine „bedarfsgesteuerte Regelung“. Solche Anlagen fahren sich automatisch herunter, wenn die Bewohner abwesend sind. „Damit lässt sich unter anderem das Problem zu trockener Luft vermeiden“, so Tappler. Er verweist in diesem Zusammenhang auf den Verein komfortlüftung.at, der umfassende Informationen bietet. Zu finden unter anderem: Qualitäts-Checklisten.

5Wie verhält es sich mit den Kosten? Mit wie viel muss man rechnen?

Eine Komfortlüftungsanlage kostet zwischen 8000 und 12.000 Euro. Das sei zwar nicht billig, gibt Greml zu, „dafür aber eine Investition in den Werterhalt. Was sich heute wie Luxus anfühlt, wird – wie einst die Zentralheizung – bald zum Standard werden.“

Infotipp

Um- und Neubauwillige können sich auf der Bauen & Energie von 16. bis 19. Februar in der Messe Wien informieren. Zu den Schwerpunkten des zweitägigen Fachkongresses „BauZ!“ im Rahmen dieser Messe gehören auch Haustechnik und Lüftungssysteme.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.bauen-energie.at, www.komfortlüftung.at, www.ibo.at, www.ait.ac.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2012)

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