Kosenamen: Schatzi, Mausi und Würstchen

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Nicht nur am Valentinstag sorgen Kosenamen für Intimität, die aber auch ins Auge gehen kann - spätestens dann, wenn man sich Mama oder Papa nennt. Sehr kreativ sind wir bei der Wahl der Kosenamen nicht.

Wenn es um die Liebe geht, werden wir alle ganz schnell zu Tieren. Aus dem stets korrekten Manager wird schnell einmal ein Bär, die strenge Lehrerin wird zur Katze und ein Mausi findet sich so gut wie in jedem dritten Schlafzimmer. Nur ein Kosename ist in Paarbeziehungen noch häufiger zu finden als die tierischen Varianten: der Schatz. Der kommt nämlich nicht nur am Valentinstag in allen nur erdenklichen Ausformungen daher: vom Schätzchen oder Schatziputzi über das saloppe Schatzl bis zur akademisch angehauchten Frau Professor Schätzchen. Der Klassiker unter den Kosenamen ist sogar so gängig, dass er oft gleich für mehrere – wenn auch meist zeitlich versetzte – Lebensabschnittspartner herhalten muss. Während der Freundeskreis – ganz zu schweigen von dem Menschen, der so angesprochen wird – zumindest die Nase rümpft, wenn der oder die neue Angebetete ebenso wie das Vorgängermodell – etwa Schnuffel oder Schnäuzelchen – genannt wird, ist das bei Schatz recht unkompliziert. Mein Gott, so heißt doch jeder. Ebenso wie Liebling, Baby oder Süße(r).


Top Ten der Kosenamen. Denn sehr kreativ sind wir bei der Wahl der Kosenamen nicht. Was wegen der Intimität wohl aber weniger schlimm ist – je ausgefallener eine liebevolle Anrede, desto weniger Menschen wissen darüber Bescheid. Fundierte wissenschaftliche Belege gibt es dafür kaum. Der Sprachwissenschaftler Jan-Claas Freienstein von der Universität Augsburg hat aber bei einer Befragung zum Thema Kosenamen in Paarbeziehungen deren Herkunft und den Umgang damit genauer unter die Lupe genommen. Bei rund 1000 Befragten gaben 15 Prozent an, ihren Partner Schatz zu nennen. Auf der (deutschen) Top-Ten–Liste der Kosenamen finden sich dahinter die Einträge Maus, Hase, Bär, Spatz, Süße(r), Engel, Schnuffel, Schnuck und Liebling. Warum wir überhaupt Kosenamen verwenden, erklärt der Sprachwissenschaftler mit der Bedeutung dieser Namen. „Ein Vorname wie Rosmarie hat keine Bedeutung, im Unterschied etwa zu Gattungsnamen, wie zum Beispiel Baum. Da weiß jeder, was gemeint ist“, so Freienstein.


Geheimsprache für Verliebte. Um die Anrede also intimer zu machen, greifen wir auf Kosenamen zurück. Manche Paare gehen dabei noch einen Schritt weiter und verwenden statt der standardisierten Wörter einen Namen, der auf einer persönlichen, gemeinsamen Geschichte beruht. Während Außenstehende nicht einmal erahnen können, welche Bedeutung sich hinter dem Kosenamen Gestrüpp versteckt – eine der Befragten hat tatsächlich diesen Namen angegeben – weiß das (anonyme) Paar genau, warum er sie so nennt. In diesem Fall wissen es auch die Leser der Studie: Die Dame hat sich bei einem gemeinsamen Spaziergang mit ihrem Kleid in einem Gestrüpp verfangen. Kurze Zeit später hielt er sie beim verliebten Herumalbern fest, woraufhin sie ihn „bösartiges Gestrüpp“ nannte. Er wurde den Namen Gestrüpp nicht mehr los, und sie den Mann auch nicht mehr – die beiden sind heute verheiratet.

Dass – bis auf individuelle Ausnahmen – Kosenamen mit der Zeit gehen, glaubt Freienstein nur bedingt. Natürlich mischen sich bei jüngeren Paaren auch Kosenamen, die aus Filmen oder Büchern entlehnt werden, ins Repertoire. Gerade in Bezug auf die tierischen Varianten werden aber schnell traditionelle Geschlechterrollen deutlich. „Große, starke Tiere werden oft als Kosenamen für Männer verwendet, während schwache, zu beschützende Tiere als Kosenamen für Frauen vorkommen.“ Bei Vulgarismen, die der Sprachwissenschaftler ebenso untersucht hat, ist das übrigens ähnlich. Auch hier orientiert man sich ganz klar an alten Rollenbildern. Schimpfwörter für Frauen thematisieren oft freizügiges Sexualverhalten, während es sich bei Vulgarismen für Männer häufig um homophobe Ausdrücke handelt.

Allerdings kann auch so mancher Kosename für einen Außenstehenden im ersten Moment wie ein Schimpfwort klingen. Immerhin ist das Wort Viech nicht immer unbedingt nett gemeint – hat der Begriff aber eine Geschichte, kann er durchaus romantisch aufgeladen sein. Gefährlich wird es bei Kosenamen nur dann, wenn diese sich im Lauf der Jahre ändern – und sich plötzlich die Elternrolle in der gegenseitigen Anrede widerspiegelt. Auch wenn das für die Kinder manchmal einfacher sein mag, für die Beziehung ist es nicht gerade von Vorteil, wenn man sich plötzlich nur noch Mama und Papa nennt. Spätestens dann sollte man vielleicht nicht nur die Anrede, sondern auch das Bild, das man vom Partner hat, überdenken.

Muschi, Chefin oder Kohlkopf. Dass Kosenamen in der Öffentlichkeit eher selten eingesetzt werden, ist wenig verwunderlich. Je standardisierter ein Name ist, umso unverfänglicher ist auch das öffentliche Outing. Das musste etwa der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber einst am eigenen Leib erfahren. Als er in einem Interview den Kosenamen seiner Gattin verriet, war die (mediale) Aufregung groß. Immerhin nennt er sie nicht schlicht Schatz, sondern Muschi. Er ist übrigens ihr Edelmann. Michelle Obama hat es da schon wesentlich besser erwischt. Sie wird von ihrem Gatten Barack schlicht The Boss genannt. Carla Bruni lässt sich von Nicolas Sarkozy Charlie Brown nennen. Und die Queen ist von ihrem Gatten Prinz Phillip wohl ohnehin einiges gewöhnt: Er nennt sie Würstchen oder Kohlkopf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2012)

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