Kabarett: Gut inszenierte Frauenpower

Angelika Niedetzky
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In „Marathon" erzählt Angelika Niedetzky energievoll - und anhand mancher Klischees - von den verschiedensten Langstreckenläufen, die uns das Leben beschert.

„Ich war die einzige beim Marathon, die einen Busen hatte. Dort ist ja normalerweise gar kein Platz für Busen zwischen 20.000 Leuten!", sagt Angelika Niedetzky in ihrem ersten Soloprogramm „Marathon", das im Wiener Stadtsaal am Montag Premiere hatte. Gleich zu Beginn war hier klar: Diese Frau steht ihre Frau. Im hautengen Glitzertop, hinten durchsichtig - dazu Hotpants und hohe Hacken - stapft Niedetzky auf die unaufgemotzte, leere Bühne und kassiert schon den ersten großen Applaus, bevor sie überhaupt etwas sagt. Es sind ihre Power und Ausstrahlung, die hier das Publikum erfreuen. Und es ist die Interaktion mit dem Publikum, die Niedetzky erfreut. Locker lässig baut sie kurze Zwiegespräche mit Zusehern ein, ohne den Beigeschmack vom mühsamen „Mitmach-Kabarett" zu erwecken.

Und Niedetzky spielt ganz bewusst mit den weiblichen Reizen: Sie räkelt die Beine, sie streckt den Hintern in die Höhe, sie spricht von und greift sich an den Busen - und all das wirkt nicht plump. Sondern als Zuseherin kommt man sich eben vor, als wäre man auf einem ganz normalen „Weiberabend", wo man ohne Genierer über alles tratschen kann. Die Männer dürften ganz froh sein, bei so einem Tratsch ohne Schamgrenze mal Mäuschen zu sein. Denn wo sonst hört man eine Dame je offen über den neuesten Trend aus den USA schwadronieren: Anal Bleaching - „da wird die Rosette so rosa wie ein Marzipanschweinderl zu Silvester

Und trotzdem ist der Großteil des Programms weder tief noch ordinär, jedoch auch wenig tiefsinnig. Niedetzky wählt als roten Faden die Vorbereitung auf und das Laufen des Marathons, um darin lustige Geschichten, die das Leben schrieb, und Dinge, die in Österreich verhöhnenswert sind, einzuweben. Der kameragierige Lugner hat im Rahmen dieses Marathons ebenso Platz wie verschiedene Politiker. Die Erinnerungen an Niedetzkys Kindheit in Plesching bei Linz gehen nahtlos über in die Kernaussage: „Jeder von uns rennt hunderte Marathons: Vom Billa zum Botox und mit den Kindern vom Taekwondo, zum Tanzen, Trommeln und zur Triangelstunde..." Die Pleschinger lernen übrigens früh laufen, weil „spätestens beim ersten Feuerwehrfestl musst schnell rennen können, sonst bist schwanger."

So schneidet die gelernte Schauspielerin alle möglichen Themen an, über die man am Stammtisch oder beim „Weiberabend" auch lamentiert: die alternde Gesellschaft, die komplizierte moderne Technik, das Post-Sterben am Land, das Aufräumen, bevor die Putzfrau kommt, Konsumwahn und Nespresso, Online-Shopping oder Verkäufersuche im Baumarkt, Online-Dating oder Beziehung bis zur Frage: „Wieso tu ich mir das an?". Und diese Frage stellt sich auch ein Marathonläufer bei Kilometer 35 - so geht der rote Faden recht gut auf. Marathon und Leben ähneln sich laut Niedetzky eben. Zugute kommt der Schauspielerin jedenfalls das Gefühl für eine gute Inszenierung: Licht und Musikuntermalungen färben das Stück an vielen Stellen für die passende Stimmung ein, und auch die zwei Gesangseinlagen sind stimmig - und lustig. Ja, Spaß hat man beim Energiebündel Niedetzky - obwohl ein schaler Nachgeschmack bleibt. Denn so gut sie einen Afrikaner, Wiener Taxifahrer und eine verkaterte Landpomeranze spielt, so stark bedient sie dabei abgedroschene Klischees. Insgesamt hatte Niedetzky mit ihrer Eingangsbemerkung also recht: „Sie dürfen ab jetzt ihr Gehirn und Handy ausschalten, oder beides auf lautlos drehen". Fürs Mitdenken ist man nicht zu Niedetzky gekommen. Zum Lachen schon.


Termine: 24. Februar, Stadtsaal Wien, www.stadtsaal.com

1. März, Rothneusiedlerhof, www.rothneusiedlerhof.net

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