Sozialdemokraten in der Krise: Job Cohen gibt auf

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Job Cohen, der Fraktionsvorsitzende der niederländischen Sozialdemokraten (PvdA), tritt ab. Job Cohen war, bevor er vor zwei Jahren ins Haager Parlament wechselte, Bürgermeister von Amsterdam.

Den Haag/Htz. Noch ein spektakulärer Rücktritt, diesmal aber nicht in Deutschland, sondern in den Niederlanden: Job Cohen, der Fraktionsvorsitzende der niederländischen Sozialdemokraten (PvdA), tritt ab. ,,Ich bin vor zwei Jahren in die nationale Politik gewechselt, weil ich von dort aus einen Beitrag leisten wollte, um diese Gesellschaft menschlicher und solidarischer zu machen. Leider muss ich feststellen, dass mir das in der Politik und auch in der Medienwirklichkeit nicht gelungen ist“, begründet der Oppositionsführer seinen Rücktritt.

In den Niederlanden ist traditionell nicht der Parteichef, sondern der Fraktionsvorsitzende die politische Führungsfigur einer Partei. Job Cohen war, bevor er vor zwei Jahren ins Haager Parlament wechselte, Bürgermeister von Amsterdam. Sein Rücktritt kommt für Beobachter nicht überraschend. Der 64-Jährige war in seinen beiden Jahren als Spitzenkandidat der sozialdemokratischen PvdA bei den Wahlen 2010 und dann als Oppositionsführer glücklos, farblos, schlichtweg schwach. Vor laufenden TV-Kameras verhaspelte er sich oft. Für den eloquenten Rhetoriker, den jugendlich-frischen Liberalen Mark Rutte (44) war es daher ein Leichtes, Cohen in den Schatten zu stellen.

Aufstieg der Linkspopulisten

Das hatte auch zum Ergebnis, dass nicht Cohen, sondern Rutte vor eineinhalb Jahren zum neuen Regierungschef gewählt wurde. Nach der verlorenen Wahl im Oktober 2010 ging es mit Job Cohen immer weiter bergab. Erst verweigerte er sich einer Großen Koalition mit Ruttes Liberalen (VVD). Dann ließ er sich in der Opposition von dem links der PvdA stehenden Chef der Sozialistischen Partei (SP), Emile Roemer, die Show stehlen. Der Linkspopulist schwang sich zum wahren Oppositionsführer im Haager Parlament auf.

Die jüngsten Meinungsumfragen waren katastrophal für Cohens Sozialdemokraten. Demnach käme die PvdA nur noch auf 13 der insgesamt 150 Sitze, eine Halbierung. Roemer und seine Sozialisten legten einen kometenhaften Aufstieg hin. Der jüngsten Umfrage zufolge stiege die SP mit 33 Sitzen zur stärksten Kraft der Niederlande auf, noch vor der liberalen VVD (31 Mandate).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2012)

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