Die zehnjährige Finanzierungsgarantie für das IST Austria führt zu heftigen Verwerfungen in Österreichs Wissenschaftslandschaft. Ob das letzte Wort schon gesprochen ist, darf bezweifelt werden.
Der Beschluss zur langfristigen Finanzierung des Institute of Science and Technology (IST) Austria in Maria Gugging hat in der heimischen Forschungslandschaft eingeschlagen wie eine Bombe. Wie berichtet verspricht die Politik dem 2006 gegründeten Exzellenz-Institut nach einer hervorragenden ersten Evaluierung bis zu 1,4 Milliarden Euro für die Jahr 2017 bis 2026: Vom Bund sollen bis zu 990 Millionen Euro für die Forschung kommen, vom Land Niederösterreich 368 Millionen Euro für neue Gebäude und deren Betrieb. Die Auszahlung eines Drittels der Bundesmittel ist an Erfolgskriterien – etwa an wissenschaftliche Veröffentlichungen oder Drittmittel – gebunden.
Die Kritik an dem Beschluss ließ nicht lange auf sich warten: Die Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die derzeit einen harten Sparkurs fahren muss, monierte eine „völlig ungerechtfertigte Bevorzugung“ des IST. Auch an den Universitäten brodelt es: Rektoren-Präsident Heinrich Schmidinger (Uni Salzburg) zeigte Unverständnis über den Zeitpunkt der Garantie und die Argumente dafür. Viele Forscher äußerten bereits gegenüber der „Presse“ ihren Unmut.
Unbestreitbar ist, dass eine zehnjährige Finanzierungsgarantie für Österreich eine bisher einmalige Sache ist. Üblich sind derzeit maximal dreijährige Zusagen. Allerdings ist ein direkter Vergleich zwischen den verschiedenen Einrichtungen nicht zulässig: Das IST Austria ist eine junge, erst in Aufbau befindliche Organisation, deren Erfolg entscheidend davon abhängt, internationale Spitzenforscher anlocken und längerfristig binden zu können. Letzteres gilt zwar auch für die anderen Organisationen – aber diese haben derzeit zusätzliche andere Herausforderungen zu bewältigen.
Die ÖAW muss durch einen – überfälligen – Prozess der Straffung ihres Portfolios und einer Neudefinition ihrer Schwerpunkte. Und viele Universitäten stehen vor schwierigen Reformen in Forschung, Lehre und Verwaltung, sodass eine langfristige Finanzierungsgarantie die Probleme nur zum Teil lösen könnte – oder deren Lösung schlimmstenfalls sogar hinausschiebt.
Die Proteste werden nicht abreißen. Schon morgen, Dienstag, erhöht die ÖAW mit einer Pressekonferenz mit allerhand Spitzenforschern den Druck. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hat jedenfalls eine Büchse der Pandora geöffnet: Der „geistige Vater“ des IST Austria, der Quantenphysiker Anton Zeilinger, forderte bereits ähnlich langfristige Finanzierungen für exzellente Forschergruppen an Unis und an der ÖAW.
Das letzte Wort ist wohl noch nicht gesprochen: Der IST-Förderbeschluss muss noch von Ministerrat und Parlament abgesegnet werden. Und bisher waren nur ÖVP-Politiker – neben Töchterle Finanzministerin Maria Fekter und Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll – eingebunden. Die SPÖ, die bei der Uni-Politik ja nicht immer einer Meinung mit der ÖVP ist, hat sich bisher nicht geäußert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2012)