ÖVAG: Staat schießt Geld zu, verzichtet auf Mehrheit

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Trotz der milliardenschweren Rettungsaktion will der Bund beim Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG nicht die Aktienmehrheit übernehmen. Die bisherigen Hauptaktionäre behalten weiterhin die Kontrolle.

Wien. Der Staat steckt zwar mehr als eine Milliarde Euro in die Rettung des Volksbanken-Spitzeninstituts ÖVAG, will aber die Bank nicht kontrollieren. Im Finanzministerium hieß es am Dienstag, dass der Staat zwar die Mehrheit an der ÖVAG übernehmen könnte, doch das werde nicht angestrebt.

Damit geht Österreich einen anderen Weg als Island und Schweden. Vor 19 Jahren fiel in Schweden eine Bank nach der anderen um, der Steuerzahler musste mit Milliarden einspringen. Im Gegenzug erhielt der Staat alle Anteile an den Instituten. Die früheren Eigentümer gingen leer aus. Noch drastischer handelte Island, das 2008 am Rand der Pleite stand. Die führenden Banken des Landes wurden in den Bankrott geschickt. Die Aktionäre und Inhaber von Anleihen verloren einen Großteil des Investments. Isländische Sparer erhielten umgerechnet etwas mehr als 20.000 Euro. Mit diesen Maßnahmen konnte sich der Inselstaat relativ rasch erholen.

Probleme mit Insolvenzrecht

Nach der Rettung der Hypo Alpe Adria Ende 2009 versprach die österreichische Regierung, rasch ein Insolvenzrecht für Banken einzuführen. Doch daraus wurde nichts. In Deutschland gibt es schon ein solches Gesetz. Damit kann der Staat bei Problembanken gegen den Willen von Vorstand und Aktionären das Ruder übernehmen. In Österreich hieß es dagegen, man wolle hier erst die Vorgaben der EU abwarten, doch die Mühlen der Brüsseler Behörden mahlen langsam. Der Sinn eines Insolvenzrechtes ist es, dass die guten Teile einer Bank von den schlechten getrennt werden. Damit kann ein Institut ordnungsgemäß abgewickelt werden.

Wie viel Österreich eine Pleite der ÖVAG tatsächlich gekostet hätte, ist unklar. Laut Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wäre der Steuerzahler über das Einlagensicherungssystem mit Belastungen von bis zu 13 Milliarden Euro konfrontiert gewesen. Diese Angaben sind zu bezweifeln. Denn die ÖVAG verfügt über fast kein Privatkundengeschäft, mit den 13 Milliarden Euro sind die Einlagen der Bundesländer-Volksbanken gemeint.

Zudem ist das Einlagensicherungssystem dreistufig aufgebaut. Zuerst hätten alle Volksbanken für die Sparguthaben der ÖVAG aufkommen müssen. Reicht das nicht aus, hätten die anderen Banken einspringen sollen. Als größte Bankengruppe wäre hier Raiffeisen zum Handkuss gekommen. Erst als dritte und letzte Instanz wäre der Staat gefordert gewesen.

ÖVAG alleine ist wertlos

Nach der Teilverstaatlichung soll es im Management und im Aufsichtsrat der ÖVAG Änderungen geben. Ob der Staat aber den künftigen Bankchef stellen wird, ist offen. Denn dazu muss er sich mit den 62 Bundesländer-Volksbanken einigen, die weiterhin die Mehrheit an der ÖVAG halten.

Ziel von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) ist es, den ÖVAG-Anteil bis 2017 zu verkaufen. In Regierungskreisen heißt es, dass man den 62 Volksbanken deswegen Zugeständnisse gemacht habe, damit diese mit der ÖVAG einen Konzernverbund bilden. Denn die ÖVAG alleine ist wertlos. Sie hat als Spitzeninstitut kaum Filialen, sondern das Kundengeschäft wird von den 62 Volksbanken in den Bundesländern abgewickelt. Diese sind derzeit rechtlich selbstständig. Nun müssen die 62 Volksbanken mit der ÖVAG einen gemeinsamen Konzern bilden. Der Bund hofft, die ÖVAG mit den 62 Volksbanken als Einheit leichter verkaufen zu können. Dabei kritisieren Experten seit Jahren, dass Österreich „overbanked" ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2012)

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