Knausrig mit Krediten?

(c) Clemens Fabry
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Die Verfügbarkeit von Krediten auf den Immobilienmärkten geht zurück. Doch diese Entwicklung läuft in den einzelnen Ländern unterschiedlich.

Die Aktivitäten auf den europäischen Immobilienmärkten könnten sich in diesem Jahr angesichts der weiter grassierenden Staatsschuldenkrise und der sich verdüsternden Konjunkturprognosen spürbar eintrüben. Da die Banken als Folge der stärkeren Regulierung mehr Eigenkapital für ihr Geschäft einrechnen müssen, könnten diese mit Krediten knausern, so die Befürchtung der Immobilienbranche. Wenngleich die europäischen Banken ihre Kreditstandards im vierten Quartal deutlich verschärft haben, kann von einer Kreditklemme jedoch noch nicht gesprochen werden.

Engpass als Herausforderung

Seit Ende vergangenen Jahres häufen sich die Hiobsbotschaften, was die Verfügbarkeit von Krediten auf den Immobilienmärkten angeht. In kaum einem Outlook auf Immobilien spezialisierter Beratungsunternehmen oder Großbanken wird nicht vor dem unsicherer werdenden Finanzierungsverhalten der Banken gewarnt. Dekabank-Vorstandsmitglied Matthias Danne stellt in seinem Jahresausblick fest, dass sich die Finanzierungsbedingungen weiter verschärfen werden, Andreas Mattner vom Zentralen Immobilien-Ausschuss (ZIA) bezeichnet den sich abzeichnenden Finanzierungsengpass als größte Herausforderung für die Branche. „Ursache ist nicht allein die Schuldenkrise, sondern besonders die zunehmende Regulierung der Banken,“ sagt der ZIA-Vorstand.

Auch Ralph Winter, Gründer der Investmentgesellschaft Corestate, spricht von einem „Todeskreislauf“ in den anstehenden Refinanzierungsrunden: Einerseits müssten die Banken ihre Eigenkapitalquote erhöhen. Andererseits wird von ihnen bei den meisten auslaufenden Immobilienkrediten mehr Risikokapitalunterlegung verlangt. Die anstehenden Prolongationen könnten nun ein Auslöser für einen deutlichen Anstieg von notleidenden – sprich faulen – Immobilienkrediten sein.

Die Hürde für Immobilieninvestoren und -entwickler, neue Kredite zu bekommen, ist bereits seit einiger Zeit vergleichsweise hoch, sagt Christian Schulz-Wulkow, Partner Ernst & Young Real Estate. Aber bei den bestehenden Krediten müsse es nicht zwangsläufig zu einem Engpass kommen. Selbst bei problembehafteten Krediten sind Banken an einvernehmlichen Restrukturierungen sowie Verlängerungen des Rückzahlungszeitraums interessiert, betont Schulz-Wulkow.

Versicherer springen ein

Die Lücke, die Groß- und Pfandbriefbanken in der Immobilienfinanzierung hinterließen, schlössen nun andere institutionelle Investoren wie Versicherer, sagte Bernd Kobloch, Berater und früherer Vorstand der Eurohypo auf der Immobilienkonferenz CIMMIT in Frankfurt. In diesem Zusammenhang wies der Experte darauf hin, dass es auch immer weniger Anbieter in diesem Geschäft gebe, nachdem die Eurohypo seit Jahresmitte 2011 kein Neugeschäft mehr mache, die WestImmo wohl demnächst abgewickelt werde und die HSH Nordbank den Fokus in der Immobilienfinanzierung nur noch auf Deutschland lege. Festzuhalten ist, dass die Kapitalstruktur bei Immobilientransaktionen in der Krise komplexer werde. Nur gut vermietete Immobilien in den besten Lagen der größten Märkte würden weiterhin Zugang zu Kapital haben, sagte Andreas Quint von Jones Lang LaSalle (JLL) auf der gleichen Konferenz. Für andere werde es jedoch schwierig sein, eine Finanzierung zu beschaffen. Trotz der Probleme auf der Finanzierungsseite geht Quint aber nicht von einem Einbruch auf dem Immobilieninvestmentmarkt aus.

Österreich weniger problematisch

Im krisengeplagten Europa scheint Deutschland der Hort der Stabilität zu sein. Das bestätigt auch eine Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young, bei der in zwölf europäischen Ländern 540 Unternehmen aus dem Immobiliensektor befragt wurden. 99 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass Deutschland verglichen mit anderen europäischen Ländern attraktiver sei. Neben der wirtschaftlichen Stabilität und der polyzentralen Struktur spreche auch die Tatsache für Deutschland, dass es unterschiedliche Topstandorte je Segment gebe, was wiederum eine Risikodiversifizierung erlaubt, die in anderen europäischen Ländern nicht möglich sei.

Etwas skeptischer äußert sich Alexander Wlasto, Partner Ernst & Young in Österreich. „Deutschland dürfte stärker mit dem Finanzierungsthema zu kämpfen haben als beispielsweise Österreich oder die Schweiz. Wir haben über 500 Immobilienakteure in Europa befragt, und die deutschen Befragten rechnen mehrheitlich damit, dass die Banken weniger gewillt sein werden, Immobilienkredite zu vergeben“, betont Wlasto. In Österreich hingegen werde mehrheitlich die gegenteilige Auffassung vertreten, sodass hier mit weniger großen Problemen zu rechnen ist. Gleichwohl dürften Österreichs Banken angesichts des beschränkten Wachstums, das im Neugeschäft angestrebt wird, bei Kreditvergaben zurückhaltend sein. Allerdings bedeutet das nicht, dass keinerlei Neuvergaben von Kreditmitteln insbesondere in der Immobilienfinanzierung erfolgen, sagt Erich Thewanger, Geschäftsführer der KPMG im Bereich Real Estate in Österreich. Insofern sind bei entsprechend guter Bonität nach wie vor Kreditmittel für Projekte verfügbar. Gute Bonität bedeutet geringes Risiko, hohe Eigenmittel und gute Überdeckung der Rückzahlungen aus den Einnahmen. Gleichwohl weist Thewanger darauf hin, dass die Anforderungen an die Bonität wie auch die Konditionen deutlich gestiegen seien. Im Gegensatz dazu ist es laut KPMG in CEE für einige Länder derzeit kaum möglich, neue Kredite zu erlangen (Ungarn, Rumänien, Bulgarien), in anderen finden Neufinanzierungen statt (Polen, Tschechien). Kritisch sieht Thewanger die Lage in Ungarn, da zu den schwierigen Rahmenbedingungen in Europa hier Unsicherheit über die künftige politische und wirtschaftliche Entwicklung zu beobachten ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2012)

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