Schön, laut und riesig: Istanbul blüht auf

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Die Metropolen des Landes wachsen, auch die wirtschaftliche Entwicklung zeigt sich sehr dynamisch. Auf Istanbuls Immobilienmarkt sind vor allem Hotels gefragt, für Büroflächen sieht man Potenzial.

Istanbul. Die Stadt am Bosporus gehört zweifellos zu den aufstrebenden Metropolen Europas – den Hintergrund liefert vor allem die dynamische wirtschaftliche Entwicklung der Türkei. Aber auch die Besonderheiten der Lage Istanbuls werden immer mehr wahrgenommen. Dazu gehört die geoökonomische Situation wie auch die Schönheit zumindest mancher Teile Istanbuls.

Das Wirtschaftswachstum der Türkei im vergangenen Jahr dürfte wieder einen Wert um die acht Prozent erreicht haben. Zu den am schnellsten wachsenden Branchen gehört die Bauindustrie. Der Bedarf nach Immobilien aller Art ist nicht nur wegen der wirtschaftlichen Entwicklung hoch, sondern auch wegen des Bevölkerungswachstums und der noch immer anhaltenden Abwanderung aus ländlichen Gegenden in Metropolen wie Istanbul, Ankara, Izmir, Adana oder Antalya.

Dämpfer in Sicht?

Allgemein wird im laufenden Jahr jedoch mit einem Dämpfer gerechnet. Ein zweistelliges Wachstum der Bauindustrie wie im vergangenen Jahr sei auf Dauer nicht möglich, sagt Baris Onay, Vorsitzender des Zentrums der Bauindustrie (YEM). Einen langfristigen Einbruch sieht Onay dagegen nicht.

Auch die Regierung plant für 2012 ein Wachstum von „nur“ vier Prozent. Es könnte auch ein wenig mehr werden, denn die Türkei profitiert als Kapitalimporteur von der Flutung des Geldmarktes durch die Europäische Zentralbank. Dass einiges von der Liquidität, die Südeuropa stützen soll, sogleich am Bosporus angekommen ist, beweist eine jähe Trendwende beim Wechselkurs der Türkischen Lira. Damit wachsen auch die Gefahren einer langfristigen Überschuldung der Konsumenten und Unternehmen. Aber weder muss das bald zu einer Krise führen, noch dürfte eine solche Krise lange anhalten, denn das türkische Wachstum wird ja nicht nur von Kapitalimporten getrieben, sondern auch von einem hohen Aufholpotenzial und einer wachsenden Bevölkerung. Beide Faktoren dürften noch lange gegeben sein.

Hotels gefragt

Die Lage auf dem Immobilienmarkt in Istanbul ist je nach Region und Klasse von Objekten recht unterschiedlich. „Jeder will ein Hotel“ sagt Serif Ünal von Beyoglu Emlak. Er hat sein Büro in der Altstadt von Istanbul, in einer Passage an der Fußgängerzone. Abgesehen von der Lust auf Hotels sieht Ünal aber zurzeit wenig Bewegung, außer bei ganz kleinen Objekten. Celal Erdogdu, einer der Leiter von IGD, einer Firma, die sich mit der Evaluation von Immobilien beschäftigt, sieht Chancen auf dem Büromarkt. Die Zahl der Firmengründungen habe in der Türkei im vergangenen Jahr einen Rekord erreicht, erklärt Erdogdu die zu erwartende Nachfrage.

Doch die von IGD aufgestellten Statistiken zeigen ein gemischtes Bild. Grob gesprochen boomt das Geschäft mit Büros nördlich des Taksimplatzes bis etwa zur Büyükdere Caddesi, ein zentrales Viertel entlang des europäischen Bosporus-Ufers. In den übrigen Regionen des europäischen Teiles Istanbuls stehen 22 Prozent der Büros leer. Im ganzen asiatischen Teil beträgt der Leerstand 14,5 Prozent. Erdogdu macht allerdings auf eine Ausnahme aufmerksam: Die Region um den Atatürk-Flughafen boomt. Offenbar halten sich beim Büroraum wachsender Bedarf und Bauboom die Waage.

Ähnlich dürfte es sich beim Wohnraum verhalten, allerdings nur wenn man auf die Riesenmetropole insgesamt blickt. Innerstädtische Lagen, insbesondere auf der europäischen Seite des Bosporus, dürften allmählich an Wert gewinnen. Dazu kommt die Aufwertung von lange vernachlässigten Lagen, etwa durch die Sanierung des Stadtviertels Tarlabasi.

Großprojekt in Schwebe

Um eine Reihe von Großprojekten, wie den Kanal Istanbul und die Gründung zweier Millionenstädte als Trabanten, ist es nach den Wahlen im letzten Sommer wieder ruhig geworden. Eine erste Ausschreibung für eine dritte Bosporusbrücke, die Istanbul unbedingt braucht, ist mangels Interesses von Baufirmen gescheitert. Ihnen war statt einer Bezahlung die Nutzung mit einer Art Einnahmegarantie angeboten worden.

Wegen solcher Großprojekte und auch wegen der Erdbebengefahr, insbesondere an den Küsten des Marmarameeres, hängt eine gewisse Unsicherheit über der Entwicklung Istanbuls. Im Kern aber ist die Stadtentwicklung gesund. Weniger spektakulär als der „Kanal Istanbul“, aber für die Stadtentwicklung nicht weniger bedeutend, ist der Ausbau des bisher unzusammenhängenden U-Bahn-Netzes.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2012)

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