Iran: Die Demontage des Mahmoud Ahmadinejad

Iran Demontage Mahmoud Ahmadinejad
Iran Demontage Mahmoud Ahmadinejad(c) EPA (T. MUGHAL)
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Bei den Parlamentswahlen zeichnet sich eine Schlappe für die Anhänger von Irans Präsidenten ab. Ahmadinejad hat damit den Machtkampf mit dem religiösen Führer Ali Khamenei nun auch an den Wahlurnen verloren.

Noch ist es nicht offiziell, aber nach Berichten in iranischen Medien zeichnete sich am Samstag bei der iranischen Parlamentswahl eine schwere Wahlschlappe für die Unterstützer des derzeitigen Präsidenten, Mahmoud Ahmadinejad, ab. Nicht einmal in der Heimatstadt des Präsidenten konnte seine Schwester, Parvin Ahmadinejad, ein Mandat erringen. Sein Hauptgegenspieler im Parlament, Ali Larijani, feierte dagegen einen fulminanten Sieg: Sein Lager soll sich mindestens 112 der 290 Sitze gesichert haben. Dagegen hätten die Anhänger von Ahmadinejad bisher nur zehn Mandate gewonnen.

Ahmadinejad hat damit den Machtkampf mit dem religiösen Führer Ali Khamenei nun auch an den Wahlurnen verloren. Dabei war Ahmadinejad einmal der Mann Khameneis gewesen. Mit Müh und Not und Unterstützung Khameneis schaffte es Ahmadinejad 2005 in den zweiten Wahlgang, schlug dann aber den ehemaligen Präsidenten Ali Akbar Rafsanjani deutlich.

Nach dem Streit zwischen Reformern und Konservativen war Ahmadinejad eine neue Karte in der Hand des Führers: ein frommer Eiferer und doch kein Konservativer, wie man sie sattsam gewohnt war. Er wetterte gegen das Establishment, versprach dem Volk finanzielle Unterstützung und stellte sich beim Wahllokal in der Schlange bescheiden hinten an. Nach drei Geistlichen als Präsidenten wirkte der aus kleinen Verhältnissen stammende Ingenieur wie ein Mann aus dem Volke. Dass er ausgerechnet seinen einzigen möglichen Rivalen, Rafsanjani, aus dem Rennen geworfen hatte, freute Khamenei sicher besonders.

Das Verhältnis Khameneis zu seinem Präsidenten ist aber über die Jahre immer frostiger geworden. Trotzdem glaubte Khamenei bei der Wahl 2009, ihn noch einmal zu brauchen. Ahmadinejad schien trotz allem der sicherste Garant dafür, dass es mit der Islamischen Republik so weitergehen würde wie bisher. Als die Opposition Ahmadinejad schließlich Wahlbetrug vorwarf, erkannte Khamenei in der angeblichen Mehrheit für Ahmadinejad „die Hand Gottes“. Doch just in dem Augenblick, in dem Khamenei Ahmadinejad zum Wahlsieger erklärte, ereignete sich eine seltsame Szene. Die beiden Männer gehen aufeinander zu, und Khamenei erwartet augenscheinlich, dass ihm Ahmadinejad wie vor vier Jahren wieder ergeben die Hand küsst. Doch Ahmadinejad bückt sich nicht, um die Hand des Führers zu ergreifen und zu küssen. Khamenei wirkt irritiert.

Unheimlicher Vize. Es kam noch schlimmer. Ahmadinejad ernannte ausgerechnet seinen alten Kameraden Esfandiar Rahim Mashaei zum Vizepräsidenten. Bisher hatte es ein solches Amt im Iran gar nicht gegeben. Der schillernde Freund des Präsidenten sympathisiert mit einer Sekte, die an die baldige Wiederkehr des verschwundenen zwölften Imam glaubt. Im schiitischen Islam nimmt der zwölfte Imam eine ähnliche Rolle ein wie der Messias, mit seiner Wiederkehr beginnt die gerechte Herrschaft, Geistliche und religiöse Führer wären dann überflüssig. Nebenbei begann sich Mashaei auch auf den iranischen Nationalismus zu stützen, auch deshalb wurde ihm Abkehr vom rechten Glauben vorgeworfen. Ahmadinejad musste schließlich das Amt des Vizepräsidenten auf Druck Khameneis abschaffen, behielt aber Mashaei als Stabschef.


Geld veruntreut? Das schon vor den letzten Wahlen von Anhängern Khameneis dominierte Parlament warf Ahmadinejad auch Amtsmissbrauch vor. Gelder soll er anders ausgegeben haben, als der Haushalt es vorsah, um sich in der Bevölkerung und der Revolutionsgarde eine Machtbasis zu schaffen. Anhänger Khameneis machten Ahmadinejad für die schwierige Wirtschaftslage Irans verantwortlich, viele seiner aussichtsreichsten Unterstützer wurden von der Wahl ausgeschlossen. Auf diese Weise wurde schließlich die Wahlniederlage seines Lagers orchestriert.

Es erinnert ein wenig an die Demontage des Reformpräsidenten Mohammad Khatami, nur, dass dieser, anders als Ahmadinejad, wenig Widerstand leistete. Mit einem noch geringeren Rückhalt im Parlament droht nun Ahmadinejad im schlimmsten Fall ein Amtsenthebungsverfahren, wegen der Verwicklung in einen Korruptionsskandal. Auf jeden Fall dürfte es ihm nun nicht mehr gelingen, einen Vertrauten bei der Präsidentschaftswahl 2013 antreten zu lassen. Eine dritte Amtszeit ist ihm durch die Verfassung ohnehin verwehrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2012)

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