Syrien: Leichen getöteter Journalisten ausgeflogen

Der Sarg des Journalisten Chevallier.
Der Sarg des Journalisten Chevallier.(c) EPA (Sana Handout)
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Eine Reporterin und ein Fotograf starben beim Bombardement eines improvisierten Pressezentrums. Bei neuen Kämpfen in Syrien gibt es wieder Dutzende Tote.

Die Leichen der beiden westlichen Journalisten, die vergangene Woche in der umkämpften syrischen Rebellenhochburg Homs getötet wurden, sind am Sonntag aus Syrien ausgeflogen worden. Der französische Botschafter in Damaskus, Eric Chevallier, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Leichen der US-Reporterin Marie Colvin und des französischen Fotografen Remi Ochlick hätten in der Nacht auf Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus an Bord einer Maschine der Air France in Richtung Paris verlassen.

Zuvor waren die Leichname an westliche Diplomaten übergeben worden. Wie Vertreter des Roten Kreuzes mitteilten, wurde die Leiche der Amerikanerin Colvin von syrischen Behörden an polnische Diplomaten ausgehändigt. Polen nimmt die Interessen der USA in Syrien wahr. Die Leiche Ochliks sei französischen Diplomaten übergeben worden.

Journalisten bombardiert, Hilfe wird behindert

Die beiden Journalisten waren am 22. Februar im umkämpften Stadtviertel Baba Amr beim Bombardement eines improvisierten Pressezentrums getötet worden. Die französischen Journalisten Edith Bouvier und William Daniels sowie der britische Fotograf Paul Conroy wurden bei dem Beschuss verletzt. Bouvier und Daniels konnten am Freitagabend nach Frankreich zurückkehren. Conroy gelang es gemeinsam mit dem spanischen Reporter Javier Espinosa, über die Grenze in den Libanon zu fliehen.

Rettern von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond gelang es erneut nicht, das belagerte Viertel Baba Amro in Homs zu erreichen. Der Aktivist Abu Imad sagte der Nachrichtenagentur dpa im Libanon, dass Regime-treue Milizen weiterhin die Bevölkerung in dem Stadtteil "terrorisierten" und junge Männer hinrichteten. Aus diesem Grund würden die Rettungskräfte auch nicht in das Gebiet gelassen.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) teilte in Genf mit, dass die Helfer von den Behörden bereits den zweiten Tag in Folge daran gehindert würden, Hilfsgüter in das Viertel zu bringen. IKRK-Sprecher Bijan Farnoudi sagte der dpa: "Wir sind in Homs, aber nicht in Baba Amro."

Blutvergießen geht weiter

Auch in anderen Landesteilen gingen die Kämpfe weiter. Das oppositionelle syrische Netzwerk für Menschenrechte berichtete, dass 44 fahnenflüchtige Soldaten in der Provinz Idlib hingerichtet worden seien. Von unabhängiger Seite gab es zunächst keine Bestätigung. Wegen der vom Assad-Regime verhängten Medienblockade ist es schwierig, Meldungen aus dem Land zu überprüfen.

Bei einem Selbstmordanschlag in der Provinz Daraa kamen nach offiziellen staatlichen Angaben mindestens drei Menschen ums Leben. Wie die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, explodierte nahe der jordanischen Grenze am Samstag eine Autobombe. 20 Passanten - unter ihnen auch Sicherheitskräfte - seien verletzt worden. In der Provinz Hama wurden nach Angaben von Aktivisten mehrere Dörfer von Regierungstruppen gestürmt. Dabei seien mehr als 50 Menschen verhaftet worden.

Schon 7500 Tote nach UN-Schätzungen

Seit Beginn des Aufstands gegen Präsident Bashar al-Assad vor einem Jahr sind nach UN-Schätzungen mehr als 7500 Menschen getötet worden. Menschenrechtler gehen von allein 700 Toten im vergangenen Monat in der Stadt Homs aus. Die Organisation Human Rights Watch (HRW) erklärte nach der Auswertung von Satellitenbildern und Zeugenaussagen am Freitag in New York: "Die neuen Bilder und Augenzeugenberichte zeigen, dass durch den Beschuss weite Teile zerstört wurden, Hunderte Menschen starben und unzählige verletzt wurden."

Deutlich werde auch "das Ausmaß einer ungezügelten Brutalität in Baba Amro". Die Aufnahmen aus dem All, die aus einer zivilen Quelle stammten, zeigten 950 Krater von Granateneinschlägen in dem Viertel.

Türkei könnte syrische Opposition bewaffnen

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu warf dem Regime in Damaskus Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei den Einsätzen gegen die Opposition vor. Bei einer Konferenz am Samstag in Istanbul forderte Davutoglu zudem, es müsse international Einigkeit im Vorgehen gegen die Führung von Präsident Assad geben, sonst werde diese weitere schwere Verbrechen begehen.

Einsätze des Militärs, bei denen in Syrien mit scharfer Munition auf Demonstranten gefeuert und Wohnviertel mit Artillerie beschossen werden, seien selbst im Krieg verboten, sagte Davutoglu. Nach türkischen Medienberichten schließt er inzwischen auch eine Bewaffnung der syrischen Opposition nicht mehr aus.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte die syrische Regierung unterdessen auf, seine Nothilfekoordinatorin Valerie Amos sofort in das Krisenland zu lassen. Amos habe tagelang in Beirut und in Amman vergebens gewartet, weil Damaskus sie nicht einreisen ließ, sagte er am Freitag in New York.

(Ag.)

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