Frankreich: Sarkozy bläst zum Halali auf Halal

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Für Präsident Sarkozy, der in Umfragen zurückliegt, wird es kritisch. Seine neuen Wahlkampfthemen findet er bei Marine Le Pen. Jetzt macht er Stimmung gegen Moslems und will die Zahl der Zuwanderer halbieren.

Paris. Nicolas Sarkozy hat als Präsidentschaftskandidat Mühe, auf Touren zu kommen. Er liegt in der Wählergunst hinter seinem sozialistischen Gegner weiterhin zurück. Aber er ist unvermindert ein Publikumsmagnet. Mehr als fünf Millionen Fernsehzuschauer saßen am Dienstagabend vor dem Bildschirm. Sie wollten wissen, ob der bisherige Staatschef wirklich schon alles Pulver verschossen hat oder ob er im Gegenteil nun erst recht in Fahrt kommt, weil einige Medienleute an seinen Siegeschancen zweifeln und ihn schon den Ex-Präsidenten nennen.

Sehr schnell bewies Sarkozy in diesem Intensivtest für Kandidaten auf dem Sender France-2, dass er von seiner seit 2007 legendären Schlagfertigkeit und Wahlkämpfernatur nichts eingebüßt hat. Er schätzte es nicht, dass ihn die Journalisten mit Zahlen zu seiner Bilanz belästigen oder ihn gar der Lüge überführen wollen. Der Tonfall wurde schnell etwas zu aggressiv. Doch in einem anschließenden Duell mit dem früheren sozialistischen Premierminister Laurent Fabius als Gegenüber und Sparringpartner gab er jeden Angriff auf seine Präsidentschaft und seinen Stil mit rhetorischem Zins und Zinseszins zurück.

„Zahl der Zuwanderer halbieren“

Bisher dominiert der sozialistische Herausforderer François Hollande die Debatte. Mit seinem Vorschlag einer drastischen Besteuerung der Einkommen ab einer Million Euro hat er seinen rechten Gegner in die unbequeme Lage manövriert, die Reichsten verteidigen zu müssen, die in den vergangenen Jahren mehr als alle anderen Schichten von seiner Steuerpolitik profitiert haben. Seitdem er 2007 seinen Wahlsieg mit betuchten Wahlspendern im „Fouquet's“ und mit Ferien auf der Luxusjacht eines befreundeten Milliardärs gefeiert hat, haftet Sarkozy das Image eines „Freunds der Reichen“ an. Zu Unrecht, meint er, denn auch er möchte nun die größten Konzerne Frankreichs stärker belasten, die bisher praktisch keine Steuern bezahlt haben.

Schlagzeilen macht Sarkozy vor allem mit den Themen, die er nicht exklusiv vom rechtsextremen Front National (FN) ausschlachten lassen will. Er fordert, dass die jährliche Zahl der neuen Zuwanderer auf die Hälfte reduziert und dass die Bedingungen für ein Anrecht auf die minimalen Altersrente für Ausländer erschwert werden.

Noch vor einigen Tagen hat er erklärt, es gebe keinen Grund zu einer Polemik über Halal-Fleisch. Jetzt fordert er eine Kennzeichnung, damit die Konsumenten wissen, ob ihr Beefsteak gegen ihren Geschmack mit religiösen Regeln (Halal für Muslime oder koscher für Juden) konform sei. Sein Innenminister Claude Guéant hatte gewarnt, wenn die Linke den Ausländern ein lokales Wahlrecht gewähre, werde Halal „obligatorisch“ in den Schulkantinen. Premierminister François Fillon schockierte die Institutionen der Muslime und Juden mit der abfälligen Bemerkung, ihre Rituale seien überholt und „antiquiert“. Nicht alle in der Regierungspartei UMP sind mit dieser ideologischen Rechtswende ihres Präsidenten und Kandidaten einverstanden. Außenminister Alain Juppé meinte verlegen: „Das Halal-Fleisch ist in Wirklichkeit eine falsche Debatte, und es gibt andere, reelle Probleme.“

Sarkozys Chancen sinken

Das Kampagnenteam von Sarkozy hat alles auf einen fulminanten Start des Präsidenten gesetzt. Was ist passiert, dass Sarkozy in allen Umfragen stagniert? „Die Sarkozy-Methode von 2007 funktioniert nicht mehr“, konstatierte „Le Monde“, das wie andere Medien der Meinung ist, Sarkozys Wahlkampf sei an einem kritischen Punkt angelangt. Wie vor fünf Jahren aber will dieser mit Tabus brechen. Eine Niederlage schließt er selber aus: Die Wende soll für ihn am Sonntag ein Treffen in Villepinte im Norden von Paris bringen, wo er mehr als 30.000 Anhänger erwartet.

Auf einen Blick

François Hollande, der Präsidentschaftskandidat der französischen Sozialisten, konnte seinen Vorsprung auf Präsident Nicolas Sarkozy laut einer Umfrage des Instituts CSA vergrößern. Im ersten Wahlgang am 22. April kann Hollande demnach mit 30 Prozent der Stimmen rechnen, Sarkozy mit 28 Prozent. Damit käme es in der zweiten Runde Anfang Mai zu einer Stichwahl: Laut Umfrage käme Hollande auf 54 Prozent, Sarkozy auf 46 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2012)

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