Experte: Parkpickerl muss mehr als 100 Euro im Monat kosten

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Für TU-Verkehrsexperten Harald Frey ist das Parkpickerl viel zu billig. Er fordert eine Verzehnfachung der Preise. Das Parkpickerl müsste ähnlich teuer sein wie ein Garagenplatz.

Die Presse: Einige Bezirke außerhalb des Gürtels im Westen von Wien wollen das Parkpickerl jetzt einführen, andere dagegen nicht. Ist so eine Lösung überhaupt sinnvoll?

Harald Frey: Jene Bezirke, die nicht bei der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung mitmachen, werden deutliche Probleme bekommen. Wenn ein angrenzender Bezirk die Parkraumbewirtschaftung einführt, ein anderer dagegen nicht, wird es vor allem im Bereich des Gürtels Probleme für jenen Bezirk geben, der dort kein Parkpickerl hat. Für die Stadt Wien wäre jedenfalls eine einheitliche Lösung bei der Parkraumbewirtschaftung sinnvoll. Wenn ein Bezirk die Parkraumbewirtschaftung einführt, wird der Druck auf die anderen Bezirke automatisch steigen.

Bringt die Ausweitung wirklich eine Entlastung, oder ist das nur eine Aktion zur Geldbeschaffung?

Es ist eine verkehrspolitisch sinnvolle Maßnahme. Es wird ein Zeichen für die Verkehrsmittelwahl gesetzt. Wenn ich Parkplätze reduziere, erhöhe ich den Druck umzusteigen. Immerhin ist die Situation knapp außerhalb des Gürtels ähnlich wie innerhalb des Gürtels. Es ist auch eine Chance für die Bezirke, den öffentlichen Raum aufzuwerten. Beispielsweise mit Begrünungen. Diese Chance müssen die Bezirke erkennen. Das Problem ist nur, dass die Bezirke oft ihre eigene Verkehrspolitik betreiben, die zulasten der Stadt geht.

Das Parken in Wien ist mit März deutlich teurer geworden. Reicht das als Lenkungsmaßnahme nicht?

Wir sind mit den Preisen im internationalen Vergleich nachgerückt, aber liegen damit nicht einmal im Mittelfeld. Viele Garagen stehen leer, weil der Kostenfaktor vom Garagenplatz zum Parkpickerl eins zu zehn ist. Das gilt es auszugleichen.

Das Parkpickerl ist Ihrer Meinung nach viel zu billig?

Ich plädiere für marktwirtschaftlich gerechte Preise. Wenn ich die Entwicklung bei den Mietpreisen mit der Entwicklung bei den Parkpreisen vergleiche, sehe ich, dass bei der Parkraumbewirtschaftung der Markt versagt. Das Parkpickerl müsste ähnlich teuer sein wie ein Garagenplatz.

Das würde zu einem Aufschrei führen.

Das wäre ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit. In anderen Ländern darf man nur ein Auto kaufen, wenn man einen Parkplatz nachweisen kann. Man muss allerdings im Gegenzug Garagen anbieten, wo die Autos untergebracht werden können. Wobei billige, subventionierte Garagenplätze wie in den Volksgaragen nicht sinnvoll sind. Die Preise sollten sich am Markt, beispielsweise an den Preisen von Privaten orientieren.

Wie sollte die ideale Parkraumbewirtschaftung aussehen?

Man sollte Bereiche überlegen, die nach einer Struktur gegliedert sind. Also Ring, Gürtelgrenze, Vorortelinie. Nach diesen Grenzen sollte die Parkraumbewirtschaftung preislich gestaltet werden.

Auf einen Blick

Harald Frey ist Verkehrstechniker am Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der Technischen Universität Wien. Er gilt auch als Experte für die Wiener Parkraumbewirtschaftung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2012)

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