Trauert nicht mehr um die „Adele“! Wien bekommt eine „Familie“ von Klimt

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Der Kunstliebhaber Peter Parzer hat seine Sammlung dem Belvedere vermacht, darunter zwei Prachtstücke von Gustav Klimt, die „Sonnenblume“ und eine „Familie“ (1909).

Nein, um Zahlen ging es diesmal nicht, bei der Pressekonferenz im Wiener Belvedere, zu der Ministerin Claudia Schmied und Belvedere-Chefin Agnes Husslein-Arco Freitag geladen hatten: Nach dem Wert der Gemälde befragt, die der Wiener Sammler Peter Parzer dem Museum überlassen hatte, murmelte Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, nur etwas von „sicher im zweistelligen Millionenbereich“.

Peter Parzer, der im November 2010 verstorben ist, hat so einiges zusammengetragen: Seine Vorliebe galt dem Werk von Gerhart Frankl, über den er auch forschte und publizierte, außerdem befanden sich Arbeiten von Herbert Boeckl, Tina Blau, Georg Merkel und Oskar Laske in seinem Besitz. Absolutes Highlight der Sammlung sind freilich zwei Klimt-Gemälde: „Die Sonnenblume“ stammt aus dem Jahr 1907. Damals verbrachte Klimt seine Sommer in Litzlberg am Attersee, wo er in einem Bauerngarten auch Emilie Flöge in den sogenannten „Reformkleidern“ fotografierte. Klimts „Sonnenblume“, meinte damals Kunstkritiker Ludwig Hevesi, sei „wie eine verliebte Fee, deren grünlich-graues Gewand leidenschaftlich erschauernd niederfließt“. Manche Kunsthistoriker mutmaßen, Klimt habe mit der so schönen wie einsamen Sonnenblume Emilie Flöge gemeint.

Noch schöner vielleicht das zweite Werk, das in der Literatur auch unter dem Titel „Die Flüchtlinge“ oder gar „Tote“ geführt wird. Die letzte Bezeichnung weist Kunsthistoriker Alfred Weidinger allerdings strikt zurück. Das 1909/1910 entstandene Gemälde zeigt eine Mutter mit ihren beiden Kindern, in eine Decke gehüllt, alle drei schlafend. Die Gesichter hat Klimt säuberlich gearbeitet, die Augenbrauen fein gezogen, die Lippen leuchten rot – im Kontrast dazu die dunkle Decke, die den Raum auszufüllen scheint. Ein Gemälde, das an Egon Schiele erinnert: Auch er hat eine Mutter mit ihrem Baby porträtiert, 1910 nämlich, und auch Schieles Baby ist in eine Decke gehüllt – aber diese Mutter ist tot.

„Parzer war zuletzt fast jeden Tag hier“

Beide Klimts hat Peter Parzer von seinem Vater geerbt, der sie wiederum von seinem Onkel bekommen hat: Heinrich Mayer hat die „Sonnenblumen“ von Karl Wittgenstein erworben, die „Familie“ einige Jahre nach ihrer Entstehung sogar dem Künstler selbst abgekauft. „Die Provenienz ist wunderbar“, sagt Agnes Husslein-Arco. Sie ist in diesem Zusammenhang eher Kummer gewohnt: Zehn Klimts mussten restituiert werden, darunter die noble „Frau mit Federboa“, etliche Landschaftsdarstellungen und die berühmte „Adele Bloch-Bauer I“. Dieses Porträt scheint, goldglänzend und plakativ, kaum etwas mit der zurückhaltenden, in Erdfarben gehaltenen „Familie“ gemein zu haben. Und doch ist das Prinzip das gleiche: ein flächiger Hintergrund, aus dem die Gesichter herauszuwachsen scheinen. Die „Adele“ wurde übrigens – um zum Wert der Sammlung im „zweistelligen Millionenbereich“ zurückzukommen – 2006 um 135 Millionen Dollar Roland Lauder zugeschlagen.

Wie kommt nun das Wiener Belvedere zu diesen Schätzen? Peter Parzer, 1937 geboren, hatte keine Kinder, auch sonst keine nahen Angehörigen – und war dem Museum sehr zugetan. „Er war zuletzt fast jeden Tag hier, hat mit den Sekretärinnen geplaudert, bis die ihm gesagt haben, dass sie jetzt wirklich arbeiten müssen“, erzählt Husslein-Arco. Eines seiner drängendsten Anliegen: eine Ausstellung des von ihm so geschätzten Gerhart Frankl. Sie wird nun wohl kommen. Davor wird jedenfalls ein Werkverzeichnis erarbeitet.
„Sonnenblume“ und „Familie“ sind bis 18.3. im Belvedere, dann reist die „Sonnenblume“ nach Venedig. Ab 12.7. sind beide Werke wieder im Belvedere Teil der Schau „Meisterwerke im Fokus: 150 Jahre Gustav Klimt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2012)

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