Mit Mathematik den Klängen auf der Spur

Mit neuen Zeitfrequenz-Analysen kann in Musikstücke besser »hineingezoomt« werden.

Musik ist Ausdruck der Seele von Komponisten und Interpreten. Dass man Musik aber auch berechnen kann, weiß Monika Dörfler von der Fakultät für Mathematik der Universität Wien. In einem Projekt, das mit einer Hertha-Firnberg-Stelle vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert wird, und einem weiteren im Rahmen des Programms „Mathematik und?“ des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) geht sie der Frage nach, wie Klänge genauer analysiert werden können.

Klänge und Geräusche können mithilfe von Zeitfrequenz-Analyse untersucht werden, deren Ergebnis einer Notenpartitur ähnlich ist: Die unterschiedlichen Tonhöhen werden in Relation zum Zeitablauf dargestellt. Oft werden zur Analyse sogenannte „Gabor-Frames“ angewandt: Dabei wird ein Gitter über die Zeitfrequenz-Ebene gelegt wird, wodurch diskrete Punkte untersucht werden können. Dieses Gitter ist jedoch gleichförmig und entspricht dadurch nicht immer den Anforderungen. So braucht etwa eine Melodie eine höhere Auflösung hinsichtlich der Frequenz, während für einen perkussiven Klang ein genaues Abtasten der Zeit wichtig ist.


Was ist ein Soundobjekt? Gesucht ist daher eine adaptive Darstellung, die eine größere Flexibilität bei der Analyse erlaubt. Grundlage dafür ist, aus einem Signal verschiedene „Soundobjekte“ voneinander zu trennen. Was ein Soundobjekt genau ist, dafür gibt es keine abstrakte Definition. Entscheidend dafür ist jedenfalls, wie genau man in ein Musikstück „hineinzoomt“. „Man kann sich das wie eine Tapete vorstellen“, sagt Dörfler. „Je näher man geht, umso genauer erkennt man Feinheiten im Muster.“ Die Frage, was ein eigenes Soundobjekt ist und was nicht, muss daher je nach Bedarf entschieden werden.

Was zunächst sehr theoretisch wirkt, hat durchaus praktischen Nutzen – Dörflers Ergebnisse können nun direkt in der elektroakustischen Musik angewandt werden. Der Wissenschaftlerin ist es zudem gelungen, komplexe Klänge anwenderfreundlicher darzustellen. Bisher wurden Teiltöne meist entsprechend ihrer absoluten Frequenz dargestellt – was aber nicht dem Klang entspricht: Die Teiltöne sind zwar ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz, die Intervalle werden jedoch nach oben hin enger. Dörflers Forschungsgruppe fand nun eine logarithmische Darstellung, die auch die Rekonstruktion des Signals erlaubt. Ähnliche Objekte haben dadurch eine ähnliche Gestalt, was die praktische Arbeit damit enorm erleichtert.

Dörfler hat bereits viele Ideen für weitere Projekte. Besonders interessiert sie die Frage, wie man Veränderungen am verbleibenden Klang nach dem Herausfiltern einer Klangkomponente entgegenwirken kann. Um weiter Förderungen für ihre Arbeit zu erhalten, vertraut die Wissenschaftlerin auf den Ruf Österreichs als Musikland: „Die Kombination Musik und Wien ist hoffentlich ein Asset“, hofft sie.

Töne & Zahlen

Musik hat auf vielen Ebenen sehr viel mit Mathematik zu tun. So lassen sich alle Tonleitern, Akkorde und Intervalle durch ganzzahlige Verhältnisse der Schwingungsfrequenzen darstellen.

Auch Musikmedien –vom CD-Player bis zu mp3-Downloads – basieren auf mathematischen Verfahren, mit denen die komplexen Schwingungsmuster, die die Musik physikalisch ausmachen, in möglichst kleine Dateien „verpackt“ werden, ohne dabei allzu viel an Qualität zu verlieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2012)

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