Katzenjammer in der Zockerbude

Die Kommunalkredit-Affäre zeigt, dass Banken gern Hasard zulasten Dritter, nämlich der Steuerzahler, spielen. Das gehört umgehend abgestellt.

Als „Nebenprodukt“ der Griechenland-Rettung dürfen wir jetzt also mehrere hundert Millionen Euro für eine ziemlich krasse Fehlspekulation bezahlen: Die alte Kommunalkredit hat noch 2009 griechische Staatsanleihen in diesem Volumen gegen Credit Default Swaps (CDS) auf solche Staatsanleihen „getauscht“. Sie hat also zu riskante Staatsanleihen abgegeben – um dann als Versicherungsgeber dafür aufzutreten.

Das hört sich ziemlich krank an, ist es aber in einem Fall nicht: Hätte die zuständige Organisation den „Haircut“ bei griechischen Anleihen nicht zum „Kreditereignis“ erklärt, dann wäre das ein Geschäft geworden. Dass diese „Hätti-wari“-Spekulation nicht aufgeht, war also nicht ausgemacht, aber doch ein reales Risiko.

Interessant, dass diese Fehlspekulation zwar offenbar noch vom alten Vorstand eingeleitet, aber erst nach der Notverstaatlichung von der neuen Führung exekutiert worden ist. Vorstandschef Steinbichler und Aufsichtsratschef Liebscher können also nicht so tun, als sei der daraus resultierende Schaden von mehr als 300 Mio. Euro eine reine Altlast aus längst vergangener Zeit.

Freilich: Mit dem Schuldzuweisen tut man sich im Nachhinein leicht. Solche Spekulationen sind technisch gesehen Wetten, bei denen zwingend einer der beiden Partner die falsche Entscheidung trifft. Nachdem niemand in die Zukunft blicken kann, ist die Zufallskomponente dabei relativ groß.

Die Frage ist also nicht, wieso dieses spezielle Geschäft danebengegangen ist. Das kann, so blöd das angesichts von mehr als 300 versenkten Millionen klingt, passieren. Die Frage ist vielmehr, wieso eine relativ kleine Bank überhaupt Risken in diesem Ausmaß eingeht. Risken, von denen jeder weiß, dass sie im Falle des Falles niemals getragen werden können. Das ist Hasard zulasten Dritter (nämlich der Steuerzahler, die dann die Rechnung begleichen müssen).

Man muss sich nur einmal die Relationen vor Augen führen: Die große UniCredit hängt mit 240 Millionen Euro CDS-Schaden in der Griechenland-Umschuldung drin, die große Deutsche Bank mit 77 Millionen. Und das international gesehen kleine Gemeindefinanzierungsbankerl aus Österreich muss aus schlagend werdenden Griechenland-CDS mehr als 400 Millionen abdrücken. Da stimmen irgendwo die Relationen nicht.

Das Ganze ist beängstigend, weil die Bad Bank der Kommunalkredit, die KA Finanz, ja nicht allein dasteht: Die drei notverstaatlichten Banken, KA Finanz, Hypo Alpe Adria und ÖVAG, werden uns zusammen wohl zehn bis 15 Milliarden Euro kosten. Wenn's gut geht. Da hätten wir Zahler doch ganz gern, wenn Vorkehrungen getroffen würden, dass Banken – und zwar nicht nur die notverstaatlichten – solche untragbaren Crash-Risken zulasten Dritter nicht mehr eingehen dürfen. Etwa, indem man die Bankenaufsicht mit größeren Befugnissen ausstattet und diese rechtzeitig und radikal eingreifen lässt.

Vorher wäre es aber noch nett, würde man uns endlich reinen Wein einschenken und das wirkliche Ausmaß der Malaise, die ohnehin schon passiert ist, öffentlich machen. Und zwar schonungslos. Das Murren, das in der Bevölkerung ziemlich deutlich zu hören ist, hat ja auch mit Vertrauensverlust zu tun. Der entsteht nicht zuletzt dadurch, dass sich die Spitzen der Notenbank („Die Banken sind gut aufgestellt, der Euro ist nicht in Gefahr, die Hypo Alpe Adria wird viel weniger als zehn Milliarden brauchen“) und des Finanzministeriums („Die Griechen-Rettung ist ein gutes Geschäft, es handelt sich ja nur um Kredite, die Zinsen bringen“) als recht verlässliche Kontraindikatoren herausgestellt haben: Wenn man das Gegenteil ihrer öffentlichen Aussagen annimmt, liegt man meistens ziemlich gut.

Und dann hätten wir ganz gern die Verantwortlichkeiten auch abseits allfälliger strafrechtlicher Verwicklungen geklärt. Für die amtierende Unterrichtsministerin, die zu Beginn der Spekulationsphase Finanzchefin der Kommunalkredit und „Non Executive Director“ in der zypriotischen Zockerbude der Gemeindebank war, ist ein „Kein Kommentar“ zu der die Steuerzahler treffenden Malaise jedenfalls ein wenig dürftig.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2012)

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