Die mildere Beurteilung von Frauen beim Medizin-Aufnahmetest öffnet neuen Vorurteilen Tür und Tor.
Ja, es ist unbestreitbar: Frauen schneiden beim Aufnahmetest für das Medizinstudium schlechter ab als ihre männlichen Kollegen. Dass Frauen für den Arztberuf grundsätzlich weniger geeignet sind als Männer, dürfte jedoch keiner seriösen Prüfung standhalten. Umso löblicher also, wenn die ausbildenden (und auswählenden!) Institutionen nun endlich gegensteuern. Ob der Zweck in diesem Fall die Mittel heiligt, ist allerdings zu bezweifeln. Denn dass der Bewertungsschlüssel, verkürzt gesagt, zum Vorteil der Frauen heruntergeschraubt und ihnen damit der Zugang zum Studium erleichtert wird, öffnet einem ganzen Schwung neuer Vorurteile Tür und Tor. Die Stammtischdebatten kann man sich bereits lebhaft vorstellen: Wer will sich schon von einer (vermeintlichen) „Quotenärztin“ behandeln lassen?
Fakt ist: Die Idee der Med-Uni greift zu kurz. Und reiht sich (ungewollt?) in eine österreichische Tradition ein. Statt das Problem an der Wurzel zu packen, wird nur das Resultat einigermaßen kaschiert. Damit werden die wahren Verantwortlichen aus ihrer Pflicht genommen. In diesem Fall ist das nicht zuletzt die Schule, wo Schülerinnen teils immer noch insinuiert wird, Naturwissenschaft und Technik sei Männersache. Anstatt künftige Wissenschaftlerinnen, Technikerinnen (und ja, Ärztinnen!) in ihren Interessen zu fördern und zu bestärken.
bernadette.bayrhammer@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2012)