Busunfall: "Luca schickte uns ein SMS"

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Während manche Eltern erleichtert waren, dass ihr Kind bei dem Busunglück am Dienstagabend in einem Schweizer Tunnel "nur" verletzt wurde, erlebten andere dramatische Stunden. Die Unfallursache ist weiter unklar.

Antwerpen/Den haag/Siders. 22 der aus Belgien in die Schweiz angereisten Eltern blieb der Gang ins Leichenschauhaus nicht erspart. In einer Kapelle sollten sie am Donnerstag ihre toten und teilweise verstümmelten Kinder identifizieren. Pastor Marcel Bussels von der Gemeinde Lommel macht sich Sorgen um den Gemütszustand der Eltern, deren Kinder bei dem Busunglück am Dienstagabend in einem Schweizer Tunnel gestorben sind: „Wie verändert werden sie zurückkommen? Wir werden ihnen helfen, so gut wir das können.“

Am heutigen Freitag wird mit der Heimführung der insgesamt 28 Toten begonnen. Die bereits identifizierten Leichen sollen auf dem schnellsten Weg nach Belgien überführt werden. Einige der 24 verletzten Kinder sollten bereits gestern in Belgien eintreffen. Vier Kinder seien allerdings noch immer in einem „kritischen“ Zustand. Die belgische Regierung zog zwei Transportflugzeuge von einer Übung in Portugal ab und beorderte sie in die Schweiz.

Überlebt in hinteren Sitzreihen

Während die einen trauern, atmen die anderen auf. Erleichtert und glücklich sind die Eltern des elfjährigen Alexander. Alexander hat den Horror-Crash im Tunnel fast unverletzt überlebt. Er saß auf der hintersten Sitzbank des Busses. Er hat nur einige Prellungen und eine Wunde am linken Bein. Alexander war das einzige niederländische Kind in Klasse 6 der Sint-Lambertus-Schule von Heverlee. Diese Klasse saß im hinteren Teil des Busses, während die Kinder der Grundschule 't Stekske aus Lommel vorn saßen. Unter ihnen gibt es die meisten Todesopfer.

Überlebt hat auch der einzige Schüler mit einem deutschen Pass, der im Bus saß, Luca (12). Sein Vater Stefan, Niederländer, überglücklich: „Luca schickte uns ein SMS: ,Hallo Ma und Pa, Oma und Opa, mir geht's gut‘“, berichtet Lucas Vater im „Algemeen Dagblad“. „Luca hat sich beide Beine gebrochen und einen Schlüsselbeinbruch, aber er lebt. Wir sind so glücklich.“

Gerätselt wird nach wie vor über die Unglücksursache. In der Tunnelröhre gab es keinen Gegenverkehr, der Busfahrer fuhr nach Angaben der schweizerischen Behörden nicht zu schnell. Bleibt menschliches oder technisches Versagen.

Die Witwe des ebenfalls bei dem Unglück ums Leben gekommenen Busfahrers gab Folgendes zu Protokoll: „Normalerweise hat mich mein Mann immer angerufen, bevor er losgefahren ist. Diesmal hat er das nicht getan“, sagte Evy L., die Witwe des Busfahrers dem belgischen TV-Sender VTM. Sie habe ihren Mann Mittwochfrüh versucht anzurufen, aber immer nur den Anrufbeantworter seines Handy bekommen. Von dem Unglück habe sie aus dem Internet erfahren, als sie zu surfen begann. Dann gesteht die Witwe: „Ich bin wie betäubt. Ich kann es noch gar nicht fassen.“

Di Rupo rief „Tag der Trauer“ aus

Die Autopsie der Leiche ihres Mannes kann möglicherweise Auskunft über die Unfallursache geben. Es könnte sein, dass der Busfahrer gesundheitliche Probleme hatte, dass er beispielsweise am Steuer einen Herzinfarkt erlitt. Der Eigentümer des Unglücksbusses, das belgische Busunternehmen Toptours, gilt in Branchenkreisen als „sehr zuverlässig“. Die Busse von Toptours seien modern und würden regelmäßig gewartet, heißt es in der Branche. Aber auch das kann technisches Versagen nicht völlig ausschließen.

Während die Eltern der verunglückten belgischen und niederländischen Schulkinder in verschiedenen Schweizer Krankenhäusern nach ihren Kindern suchen, wird in Belgien, der Schweiz und den Niederlanden um die 28 Toten des Busunglücks von Sierre getrauert. Am heutigen Freitag ist in Belgien offizieller Trauertag im Land, um 11 Uhr wird in einer Trauerminute der Opfer gedacht.

„Der Kummer von Belgien“ heißt der große Roman des flämischen Schriftstellers Hugo Claus. Der Titel dieses Romans trifft die Stimmung im Königreich der Flamen und Wallonen exakt. Das Land ist in tiefer Trauer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2012)

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