Staatstrauer in Belgien. Mit einer Schweigeminute gedachte man der Toten des Busunglücks in der Schweiz. Drei Kinder sind noch in Lebensgefahr.
Mit einer Schweigeminute haben am Freitag vermutlich Millionen von Menschen in Belgien und den Niederlanden der 28 Toten des Busunglücks in der Schweiz gedacht. In vielen Orten kam um 11 Uhr das öffentliche Leben für eine Minute zum Erliegen. Nur wenige Minuten zuvor waren auf dem Militärflughafen Melsbroek in Brüssel zwei Militärflugzeuge mit den Särgen der Todesopfer gelandet.
In Belgien läuteten um Punkt 11 Uhr die Kirchenglocken, die Fahnen waren auf halbmast gesetzt. Baukräne standen still, Taxifahrer stiegen mitten auf der Straße aus ihren Fahrzeugen. Die meisten Busse und Trambahnen in der belgischen Hauptstadt Brüssel und in anderen Orten stoppten ihre Fahrt. Rundfunk- und Fernsehsender blieben für eine Minute still. Auf den Straßen blieben viele Menschen stehen und verharrten in stillem Gedenken.
Auch in Parlament, Kommission und Ministerrat der EU in Brüssel beteiligte man sich an der Schweigeminute. Dutzende Büroangestellte traten Seite an Seite mit Köchen und Sicherheitspersonal vor die Türen der Verwaltungsgebäude und hielten auf den Gehsteigen inne.
Drei Kinder noch in Lebensgefahr
Sechs der 24 verletzten Kinder wurden gemeinsam mit ihren Angehörigen in der Nacht auf Freitag nach Brüssel geflogen, teilte das Ministerium mit. Im Gegensatz zu ersten Angaben sei keines der Kinder per Auto gereist. 14 andere Kinder könnten noch im Laufe des Freitags nach Belgien geflogen werden.
Vier der Kinder gelten vorerst als nicht transportfähig: Drei liegen in Lebensgefahr in der Uni-Klinik von Lausanne, das vierte in Bern. Die übrigen Kinder erlitten oft mehrfache Knochenbrüche, wie es vom Krankenhausverbund Spital Wallis hieß. Sie wurden zunächst noch in Krankenhäusern im Wallis behandelt.
DVD: Busfirma und Polizei dementieren
Die Ermittlungen zur Unfallursache laufen auf Hochtouren. Die Schweizer Polizei bezeichnete Angaben der belgischen Boulevardzeitung "Het Laatste Nieuws" als "reine Spekulation", nach denen der Busfahrer womöglich vom Einlegen einer DVD abgelenkt gewesen sein soll. Ausgewertete Überwachungsvideos aus dem Unglückstunnel gäben dafür keine Hinweise. Auch das Busunternehmen dementiert: Man könne die Fahrerkabine von den Sitzplätzen aus nicht einsehen.
Die Schweizer Behörden gehen zunächst weiter von den drei bisher genannten Thesen aus: eine technische Panne, menschliches Versagen oder ein akutes Gesundheitsproblem des Fahrers. Das Schweizer Bundesamt für Strassen (ASTRA) beauftragte Experten, die Baunormen für Tunnel unter die Lupe zu nehmen. Konkret werde die Norm mit rechtwinkligen Mauern bei Notfall-Ausbuchtungen in Tunneln untersucht, sagte ASTRA-Sprecher Michael Müller der Schweizer Nachrichtenagentur SDA.
Nach Angaben des Bundesamts war die Nothaltebucht in dem Autobahntunnel bei Siders, auf deren Betonwand der Bus Dienstagabend frontal aufprallte, mit einem Randstreifen und einer Leitplanke nach geltenden EU-Normen ausgestattet. Bei dem Unglück am Dienstagabend waren 22 Kinder und sechs Erwachsene getötet worden.
Kritik an Veröffentlichung von Fotos
Die Kritik an der Berichterstattung der Medien hielt an. Die belgische Regierung kritisierte die Veröffentlichung von Fotos der bei dem Bus-Unfall getöteten Kinder. Dass mehrere belgische Medien Bilder der Schüler gezeigt hätten, gehe zu weit, sagte die für Medien zuständige flämische Ministerin Ingrid Lieten nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga dem Radiosender VRT am Freitag: "Es gibt aber Grenzen, die man nicht überschreiten sollte."
Es gebe aber einen Unterschied, ob Bilder etwa in Sozialen Netzwerken zu sehen seien oder im großen Stil veröffentlicht würden, sagte sie. Schon am Donnerstagabend hatte Regierungschef Elio di Rupo vor allem ausländische Reporter "nachdrücklich" aufgefordert, die Privatsphäre der Oper und ihrer Familien zu respektieren.
(APA/red.)