Mali: Putschende Soldaten setzen "unfähiges Regime" ab

Mali Putschende Soldaten setzen
Mali Putschende Soldaten setzen(c) Reuters/Handout
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"Alle Institutionen" sind aufgelöst, die Verfassung außer Kraft: Ein Komitee zur Wiederherstellung von Demokratie und Staat setzte Präsident Toure ab. Der UNO-Sicherheitsrat ruft die Soldaten zur Ruhe auf.

Meuternde Soldaten haben nach eigenen Angaben die Regierung im westafrikanischen Mali gestürzt. Das "inkompetente Regime" sei abgesetzt, weil es "unfähig" sei, mit der Rebellion im Norden des Landes umzugehen, sagte ein Sprecher der Soldaten am Donnerstag in einer Ansprache im nationalen Rundfunk. Zuvor hatten die putschenden Soldaten den Präsidentenpalast attackiert und laut eigenen Angaben unter ihre Kontrolle gebracht.

Es seien "alle Institutionen" des Landes aufgelöst und die Verfassung außer Kraft gesetzt, sagte der Soldatensprecher, Leutnant Amadou Konare. Der Anführer der Soldaten, Hauptmann Amadou Sanogo, sagte im Rundfunk, es werde von Donnerstag an eine Ausgangssperre verhängt. Die Putschisten bezeichneten sich selbst als Nationales Komitee für die Errichtung der Demokratie und die Wiederherstellung des Staates.

Präsident auf Militärbasis

Toure war selbst vor etwa zehn Jahren durch einen Putsch an die Macht gekommen. Nach den Wahlen im nächsten Monat wollte er eigentlich zurücktreten. Er soll sich nach dem Staatsstreich auf einer Militärbasis in der Hauptstadt Bamako befinden, berichten seine Anhänger. Er sei in Begleitung der Präsidentengarde und gebe von dem Stützpunkt aus die Einsatzbefehle, hieß es am Donnerstag aus regierungstreuen Militärkreisen und dem Umfeld des Präsidenten. Eine Bestätigung der Angaben seitens der Regierung lag nicht vor.

Andere Regierungsmitglieder seien festgenommen worden. Medien meldeten, der Präsident habe nach dem Staatsstreich Zuflucht in der US-Botschaft in Bamako gesucht. Das berichtete die Webseite "Malijet". Zuvor hatte ein Militärbeamter erklärt, der Präsident und die beiden Minister für Sicherheit und Verteidigung seien an einem sicheren Ort.

Die Meuterei hatte am Mittwoch begonnen. Die Soldaten, die bessere Waffen und Ausrüstung für den Kampf gegen Tuareg-Rebellen im Norden des Landes verlangten, hatten zunächst in Bamako in die Luft gefeuert, dann das Gebäude des staatlichen Rundfunks gestürmt und dann den Präsidentenpalast attackiert. Augenzeugen berichteten von heftigen Gefechten mit regierungstreuen Eliteeinheiten am späten Abend. Am Donnerstag sagte ein meuternder Soldat dann, die Putschisten würden den Präsidentenpalast kontrollieren.

UNO: "Tief besorgt"

Der UNO-Sicherheitsrat rief zu Ruhe auf. Mitgliedsstaaten hätten sich "besorgt" über die militärischen Unruhen in dem westafrikanischen Land geäußert, sagte der britische UNO-Botschafter Mark Lyall Grant, der dem wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen derzeit vorsitzt, in New York. Die verfassungsmäßige Ordnung in dem Land müsse gewahrt bleiben. Am Donnerstag will sich der UNO-Sicherheitsrat bei einem Dringlichkeitstreffen über die Vorgänge in Mali unterrichten lassen.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon äußerte sich ebenfalls "zutiefst besorgt" über die Vorgänge in Mali. Er rief nach Angaben eines Sprechers dazu auf, den Konflikt "friedlich und innerhalb des demokratischen Prozesses" auszutragen. Auch die Kommission der Afrikanischen Union und die Europäische Union äußerten Sorge über die Ereignisse in Mali.

Tuareg kämpfen um Autonomie

Am 29. April sollten in Mali Präsidentschaftswahlen stattfinden. Dabei gilt der ehemalige Ex-Premierminister Ibrahim Boubacar Keita als Favorit.

Die für Autonomie kämpfenden Tuareg hatten Mitte Jänner im Norden Malis ihre größte Offensive seit dem Jahr 2009 gestartet. Verstärkung erhielten sie offenbar von zurückgekehrten Rebellen, die in Libyen für den im vergangenen Jahr getöteten Machthaber Muammar al-Gaddafi gekämpft hatten. Seither kamen bei den Kämpfen zahlreiche Menschen ums Leben. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als 172.000 Menschen auf der Flucht. Das Nomadenvolk der Tuareg zählt rund 1,5 Millionen Menschen, die in Algerien, Burkina Faso, Libyen, Mali und im Niger leben.

(Ag./Red.)

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