Wien: Türkischer Minister lässt sich von Schülern feiern

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Außenminister Michael Spindelegger wollte seinem türkischen Gast Ahmet Davutoğlu am Donnerstag im Bundesgymnasium Ettenreichgasse in Wien-Favoriten zeigen, wie gut Integration in Österreich funktioniert.

Wien. „Wow, toll, Spindel!“ Der kleine Bursche mit dem fast überdimensionalen Rucksack wendet sich euphorisch von der Gruppe Anzugträger ab und sucht den einen oder anderen Freund, dem er das Erlebte noch ofenfrisch erzählen kann: Außenminister Michael Spindelegger („Spindel“) und sein türkisches Pendant Ahmet Davutoğlu haben ihn nämlich am Kopf getätschelt.

Die Minister – vor allem der türkische – werden an diesem Nachmittag noch viele Kinder herzen. Im Rahmen eines Österreich-Besuchs haben Davutoğlu, Spindelegger und Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (VP) am Donnerstag das Bundesgymnasium Ettenreichgasse in Wien-Favoriten besucht. Bereits am Eingang werden die Minister von einer Traube Schüler empfangen. Die Kameras sind gezückt, auf der einen Seite die Profifotografen, auf der anderen die Schüler, die mit ihren Handys nicht minder professionell knipsen und drehen. Das Schutzgehäuse mancher Mobiltelefone ziert die türkische Flagge.


Die Minister plus Anhang besuchen zunächst eine EDV-Klasse. Die Schüler warten schon – und scheinen trotzdem verwundert über das rege Interesse der Journalisten und Fotografen. Etwas unbeholfen wagt sich Spindelegger an einen der Schüler, fragt nach, was gerade auf dem Lehrplan stehe und mustert den Bildschirm („Erdkunde“ heißt es hier). Davutoğlu scheint es etwas leichter zu haben: er unterhält sich auf türkisch mit ein paar türkischstämmigen Schülern, lacht, tätschelt auch ihre Köpfe und vergewissert sich, ob sie gute Noten haben.

Probleme? Sprachlos ins Auto

Warum die Minister ausgerechnet diese Schule besuchen? Weil hier „auch Menschen mit Migrationshintergrund unterrichtet werden“, sagt Spindelegger. Zudem habe man dem türkischen Außenminister zeigen wollen, wie der Unterricht hier ablaufe. Während der Tross die Klasse verlässt und wieder am Haupteingang vorbeispaziert, schreien ein paar Jugendliche auf türkisch in Richtung Davutoğlu: „Wir lieben dich!“

Der Außenminister bleibt stehen. Die Schüler haben keine Berührungsängste, es wird umarmt, geherzt, Bussis werden verteilt. Auch Spindelegger kommt vorbei, bleibt allerdings etwas ungelenk im Hintergrund. Kein Zweifel, wer die Schüler mehr interessiert.

Anschließend wird eine Deutschklasse besucht. Man habe keine Probleme mit Integration, sagt eine Schülerin: „Wir sind alle gleich.“ Das, freilich, gefällt den Ministern. Sie nicken. Und welches Element am meisten die Völker verbindet, das hat die Klasse auch schnell herausgefunden: „Fußball“, sagt ein Schüler und erntet ebenfalls Zustimmung. Dann ist das Intermezzo in der Schule auch schon zu Ende – ein Besuch bei Atib, der Türkisch-Islamischen Union in Österreich, steht an. Von den Medien sind nur ausgewählte türkische Journalisten geladen.

Beim Hinausgehen wird Davutoğlu nochmals von einer Gruppe türkischstämmiger Jugendlicher angesprochen. „Wir haben Probleme“, sagt ein Mädchen, „die Österreicher haben was gegen uns.“ Ein Bursche pflichtet ihr bei: „Ich hab' schon mal eine Ohrfeige kassiert.“ Der Minister ist ein wenig sprachlos – und wohl froh, dass seine Securities ihn ins Auto drängen.

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