Oberste Gerichtshof bestätigt, dass ein "illegaler Siedlervorposten" im Westjordanland bis 1. August geräumt werden muss. Es bahnt sich eine Konfrontation an. Migron ist ein Prüfstein für anstehende Räumungen,
Jerusalem. Es wird eine Zerreißprobe für Israel. Der Oberste Gerichtshof bekräftigte, dass der „illegale Siedlervorposten“ Migron im Westjordanland bis 1.August geräumt werden muss. Einen Kompromiss zwischen der Regierung und den Bewohnern von Migron, innerhalb der kommenden drei Jahre neue Häuser in einer „legalen Siedlung“ zu bauen und Migron solange nicht anzurühren, lehnte das Gericht ab.
„Es gibt noch Richter in Jerusalem“, jubelte Jariv Oppenheimer, Sprecher der Friedensbewegung „Schalom achschaw“. Das Urteil zeige, dass „alle Gruppen und Menschen in den Augen des Gesetzes gleich sind“. Die Friedensbewegung hatte zusammen mit zwei palästinensischen Grundstückseigentümern die Petition eingereicht. Nun sei es an den Siedlern von Migron, meint Oppenheimer, ihr Versprechen zu halten und den Vorposten friedlich zu verlassen.
Dass die bevorstehende Räumung der knapp 60 Häuser in Migron ohne Widerstand vonstatten gehen könnte, ist allerdings kaum zu erwarten. Die sanfte Hand, mit der die Sicherheitskräfte versuchen, Ruhe im besetzten Land zu bewahren, lässt die radikalen Siedler immer frecher und Evakuierungen zu Machtkämpfen mit ungewissem Ausgang werden. Migron ist ein Prüfstein für Räumungen, die im Zuge einer Endstatuslösung anstehen würden.
Israel bricht Kontakt zu UN-Rat ab
„Auf dem Weg zur Konfrontation“, titelte die Zeitung „Maariw“ am Montag. Die Siedler fühlen sich ungerecht behandelt. „Da kommen ein paar Leute, die behaupten, dass sie die Eigentümer des Landes sind“, kommentierte Chaimi Teitelbaum, einer der Siedler von Migron. „In den dreieinhalb Jahren der Verhandlungen haben sie es nicht geschafft, Besitzdokumente vorzulegen.“ Bereits im November, als israelische Administrativbeamte auf richterlichen Bescheid drei Gebäude in Migron abrissen, ließen Aktivisten der radikalen Siedlerbewegung „Preisschild“ brennende Reifen in die Moschee des arabischen Dorfes Burqin rollen.
Die „Preisschild“-Aktivisten rächen sich bevorzugt an Palästinensern, wenn die Regierung gegen Siedlungen entscheidet. Die „Makkabäer von Migron“ nennt sich eine Splittergruppe der „Preisschild“-Bewegung.
Israels Regierung hat inzwischen die Beziehungen zum UN-Menschenrechtsrat abgebrochen. Das UN-Gremium hatte am Donnerstag beschlossen, die Auswirkungen der israelischen Siedlungen auf die Palästinenser im Westjordanland und im arabischen Ostteil Jerusalems zu untersuchen. Israel will den Mitgliedern der Untersuchungskommission die Einreise verweigern. Das hat es bereits am Sonntag angekündigt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2012)