Tania Saedi: "Du kannst ja nicht singen"

Sie begeistert das Publikum mit ihrer tiefen Stimme. Für ihr erstes Album hat sich die Wiener Sängerin Tania Saedi trotzdem jahrelang Zeit gelassen.

TIPP

Ssie ist im Herzen eine Elektroqueen, und der Sound von Kruder & Dorfmeister hat sie nachhaltig geprägt. Wer sie vor sich sieht, kann sich fast nicht vorstellen, dass Tania Saedi, die da zartgliedrig in ihrem Lieblingslokal „Das Augustin“ sitzt, sich in den Neunzigerjahren quer durch den Sound von Techno, House und Drum ‘n‘ Bass experimentiert hat. Dabei sind Brüche typisch für das Leben der Wiener Musikerin. Seit Anfang der 2000er ist Saedi fixer Bestandteil der heimischen Musikszene, sang mit dem Elektro-Duo Uko und war auch für Sängerin Anna F. als Backgroundsängerin auf Tournee. Trotzdem hat Saedi erst vergangenes Jahr ihr Solo­album „Exhale“ veröffentlicht. Im Frühling geht sie damit auf Tour und verzaubert das Publikum mit ihrer tiefen Stimme.

Wie haben Sie Ihren Eltern erklärt, dass Sie Musikerin werden?

Ich musste es nur meinem Vater erklären, weil meine Mutter früh gestorben ist. Das war allerdings etwas schwierig. Ich habe vorher Chemie studiert und als mir klar war, dass ich Musik machen möchte, hab ich‘s darauf ankommen lassen. Erfreut war er aber nicht.

Was hätte er sich für Sie vorgestellt?

Mein Vater ist Architekt und er hätte gerne gehabt, dass ich in seine Fußstapfen trete. Aber die Architektur war furchtbar für mich. Ich hab‘s mir auch angeschaut. Das war nicht meins.

Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Das war eh indirekt die Schuld meines Vaters. Er meinte, es gehöre zum guten Ton, dass mein Bruder und ich ein Instrument lernen. Zuerst Gitarre und dann Klavier. Ich hab auch immer gerne Musik gemacht und in der Schule viel gesungen, auch mit neun schon angefangen, kleine Liedchen zu komponieren. Aber die hab ich nie jemandem gezeigt. Es hieß ja auch immer: Du kannst ja überhaupt nicht singen.

Wie ging dann Ihre Karriere los?


Meinen ersten Auftritt hatte ich beim Maturakonzert. Ein ­Mädchen wollte nicht singen, ich bin eingesprungen.

Sie sind in Teheran geboren, Ihr Vater ist Perser, Ihre Mutter war Österreicherin. Wie weit spielt die persische Kultur in Ihrem Alltag noch eine Rolle?

Ich bin ja nur ein paar Jahre im Iran aufgewachsen und kann mich nicht mehr erinnern. Also bis auf ein paar Gepflogenheiten, wie das persische Neujahr oder ein bisschen persisch reden, ist da auch nicht viel geblieben. Ich bin eher Österreicherin.

Aber Ihre Musik klingt etwas orientalisch.

Lustigerweise schon. Das kam aber auch durchs Jazzstudium in Graz. Da war die Improvisation sehr gefragt. Und da habe ich gemerkt, dass mir die orientalische Harmonik doch vertraut ist.

Hören Sie selbst persische Musik?

Ja. Jetzt schon. Es passiert ganz viel in der Subkultur in Teheran. Das ist ziemlich cool, weil die dürfen das ja nicht. Ich hab mir auch einige persische Sänger reingezogen, um von denen zu lernen. Es ist einfach gut, wenn du Vierteltöne singen kannst.

Sind Sie oft im Iran?

Nein, ich muss zugeben, ich war nie wieder dort. Meine Verwandten habe ich immer in Amerika besucht und die, die noch im Iran leben, die kommen uns hier besuchen.

Ist es Ihnen kein Bedürfnis hinzufahren?

Schon, aber ich hab auch eine Krise damit, die ganze Zeit verschleiert herumzurennen. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin da ein bisschen ambivalent, was meine Heimat betrifft.

Werden Sie von den Iranern als Landsfrau wahrgenommen?

Bei den Fans weiß ich es nicht. Aber seit die Platte da ist, sind die iranischen Wurzeln immer ein Thema.  Dabei war ich lange Zeit so österreichisch, dass ich selbst vergessen hatte, dass ich ja eine zweite Kultur habe.

Ihre Musik ist sehr elektronisch, Sie haben aber Jazz studiert. Wo ist da die Verbindung?

Ich wusste irgendwann, ich will selbst fähig sein zu komponieren. Und in Graz gab es die Möglichkeit. Auch wenn ich mit Jazz nicht viel am Hut hatte. Deswegen der elektronische Touch. Ich bin ja nicht in irgendwelche Jazz-Clubs gegangen, sondern war bei den ersten Techno- und Drum-‘n‘-Bass-Partys dabei.

Das war im Studium erwünscht?

Nein, ich musste das ein bisschen geheim halten. Tagsüber hab ich brav studiert und abends habe ich mit DJs und so gesungen. Mir hat diese Musik irrsinnig getaugt. Die Neunziger in Wien waren ja echt aufregend. Weil da kamen dann Kruder & Dorfmeister raus – da haben wir ja alle so einen Sound gemacht.

Was fasziniert Sie so an der Elektromusik? 

Naja, dass man stundenlang dazu tanzen kann. Ich wollte nie Pop singen. Da gehöre ich nicht hin. Von House bis Techno habe ich daher alles ausprobiert. Da geht es einfach eckiger und kantiger zu, das passt besser zu mir.

Ihre Musik klingt aber immer ein bisschen traurig, warum?

Es ist irgendwie selbstredend. Wenn man die Mutter mit vier verliert und dann in einem Land aufwächst, in dem man sich zwar als Kind dazugehörig fühlt, später aber merkt: aja, da ist was anderes – das war schon manchmal nicht so einfach. Man darf das aber auch nicht falsch einordnen. Meine Musik klingt vielleicht ein bisschen traurig, aber vom Wesen her ist sie durchwegs positiv.

Wollten Sie deshalb mit Matthias Illigen, der in einem schizophrenen Schub seinen Vater getötet hat, auftreten?

Das ist an mich herangetragen worden, und ich hab sofort Ja gesagt. Ich wusste irgendwie, dass ich das musikalische Äquivalent bin. Weil meine Texte so positiv sind. Es geht um den Menschen, um die Seele und den Geist. Ich bin für Heilung und für die Wahrheit. Auch wenn meine Musik traurig klingt. Aber ich finde, dass es wie die Faust aufs Auge passt.

Tania Saedi singt: 30. 3. Saedi mit Band im Chayafuera; 13. 4. Saedi und Matthias Illigen – Solo on Piano und Lesung ­(Hamburg); 20. 4. Saedi im Duo, Radlager
http://saedi.info

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