Vorstoß für Schulbeginn um neun Uhr

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Symbolbild(c) AP (Frank Augstein)
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Buchautor Andreas Salcher meint, Kinder seien in der Früh nicht aufnahmefähig. Er fordert nun einen Unterrichtsbeginn an Österreich Schulen um neun Uhr. Ein "Bobo-Thema", heißt es dazu im Wiener Stadtschulrat.

Wien. Der Vorschlag ist nicht neu. Dennoch konnte sich die Idee, den Unterricht an Österreichs Schulen später beginnen zu lassen, bisher nicht durchsetzen. Buchautor Andreas Salcher (u.a. „Der talentierte Schüler und seine Feinde“) lässt sich davon nicht beirren: Er fordert nun abermals einen Unterrichtsbeginn um neun Uhr – statt dem an Pflichtschulen momentan üblichen Beginn zwischen 7.30 und acht Uhr.

Er begründet den Vorstoß damit, dass der frühe Beginn nicht mehr zeitgemäß sei. „Würde man Schule heute neu erfinden, käme niemand auf die Idee, den Beginn um 7.30 Uhr anzusetzen“, erklärt Salcher im Gespräch mit der „Presse“. Die moderne Hirnforschung belege, dass Kinder in den frühen Morgenstunden noch nicht ausreichend aufnahmefähig seien. Zudem sei der frühe Start insbesondere für Kinder aus ländlichen Gebieten nicht zumutbar: Rechnet man die teils langen Anfahrtswege ein, beginnt ihr Schultag oft schon um sechs Uhr.

Salcher plädiert deshalb dafür, die Schulen zwar trotzdem so früh wie bisher zu öffnen, den tatsächlichen Unterrichtsbeginn aber um eine Stunde nach hinten zu verschieben. Die gewonnene Stunde am Morgen könnte man etwa für ein gemeinsames Frühstück nützen. So würden auch berufstätige Eltern keinen Nachteil daraus ziehen. Die Unterrichtszeit müsste deshalb auch nicht um eine Stunde nach hinten verlängert werden, Salcher geht davon aus, dass durch die höhere Aufnahmefähigkeit „größere Lerneffekte in kürzerer Zeit erzielt“ werden könnten.

Politische Umsetzung vorstellbar

Im Unterrichtsministerium steht man dem Vorschlag aufgeschlossen gegenüber: Zuerst müssten sich aber die Schulpartner, also Schüler, Eltern und Lehrer, mit dem Vorschlag befassen. Beschließen diese einen gemeinsamen Standpunkt, könne man „andenken, das realpolitisch umzusetzen“, heißt es aus dem Ministerium. Das scheint nicht unwahrscheinlich: Der Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft, Paul Kimberger, signalisiert, dass er die Idee für sinnvoll hält. Im Elternverband für Pflichtschulen gibt man sich zögerlich. Und weist darauf hin, dass die Frage in eine größere Diskussion um die Gestaltung des Unterrichts eingebettet werden müsse – Stichwort: verschränkte Ganztagsschule. Man müsse sich insgesamt Gedanken über die Abwechslung von Freizeit und Lernzeit in der Schule machen.

In diese Richtung geht auch die Kritik des Wiener Pflichtschullehrergewerkschafters Thomas Bulant: Die Idee Salchers sei auf ein Ganztagsschulsystem gemünzt. Daraus macht Salcher auch kein Geheimnis: Die Frage des Schulbeginns sei „eine Möglichkeit zu diskutieren, wie Schule in Österreich aussehen soll“. Für Wiens Stadtschulratspräsidentin, Susanne Brandsteidl, ist die Debatte nicht mehr als ein „Bobo-Thema“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2012)

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