Unter Druck: Und Platter lächelt immer weiter

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Günther Platter kam nicht nur wegen Einladungen zur (Nagetier-)Jagd unter Druck. Dabei versuchte der Landeshauptmann brav und harmlos zu bleiben.

Wien. Er spricht stets so langsam und bedächtig, als müsste er einen sorgsam gelernten Text aufsagen. Er bildet lange Sätze, ohne dabei viel zu sagen. Er pflegt einen Dialekt, der die Tirol-Werbung zieren würde, in dieser klassischen Variante aber selten zu hören ist. Günther Platter steht schon lange in der ersten politischen Reihe. Als einziger Minister einer schwarz-blauen Regierung hat er noch ein wichtiges Amt. Als einziger Minister der Ära überlebte er politisch. Bisher.

Denn Günther Platter steht unter Druck. (In Tirol gefährdet dies einen ÖVP-Landeshauptmann dennoch kaum.) Er soll mehrere Jagdeinladungen – darunter auch zu Murmeltierabschüssen – von mehr oder weniger befreundeten Unternehmern angenommen haben. Platter sagt dazu nur: „Ich bin ein anständiger Mensch, und ich lasse mich wegen Jagdeinladungen nicht kriminalisieren.“ Dennoch will er keine mehr annehmen.

Es sind nicht der erste Vorwurf und das erste Problem, mit denen sich Platter herumschlagen muss. In einem Jahr wird in Tirol gewählt, es läuft nicht besonders gut für Günther Platter, seinen Finanzlandesrat Christian Switak musste er schon aufgeben, dieser hatte sich ebenfalls gern einladen lassen, unter anderem auf eine geräumige Mietwohnung. Auch intern läuft es nicht rund, im Endspurt der bevorstehenden Innsbrucker Gemeinderatswahl musste der Spitzenkandidat ausgetauscht werden.

Andererseits kann ihm im ÖVP-Kernland kaum jemand den Chefsessel streitig machen, Jagdeinladungen regen Wiener mehr auf als Tiroler, und Innsbruck war schon immer schwierig mit seiner Studentenschaft und einer ÖVP-Abspaltung, die einst Herwig Van Staa gegründet hatte. So spricht einiges dafür, dass genau das passieren wird, was bei Günther Platter immer passiert: Irgendwie wird er politisch überleben. Und wie immer lächeln.

Der Überlebensinstinkt ist die hervorstechendste Eigenschaft des Tirolers: Sowohl als Verteidigungsminister als auch als Innenminister unter Schwarz-Blau und später Rot-Schwarz blieb Platter unauffällig, inhaltlich hielt er sich gern zurück. Im Heeresressort stahl ihm Helmut Zilk, Chef der Bundesheer-Reformkommission, die Show, im Innenministerium trat Platter das Erbe des dominanten Ernst Strasser an. Brav, harmlos und unauffällig lauteten die Zuschreibungen von Journalisten, Parteifreunden und -feinden. Als Karl-Heinz-Grasser 2007 auf Idee von Wolfgang Schüssel hätte Vizekanzler werden und Finanzminister bleiben sollen, wäre Wilhelm Molterer Innenminister geworden. Platter wäre übrig geblieben und Landeshauptmann Van Staa gefährlich geworden. Grasser wurde verhindert. Diese Hintergründe werden oft vergessen. Andreas Khol, der für Van Staa und Platter kämpfte, wird gern zum Ideologie-Helden stilisiert.

Mann der Funktionäre

Platter konnte noch warten, der polternde Van Staa ging erst nach einem enttäuschenden Wahlergebnis bei der vergangenen Landtagswahl. Dass der logische Kandidat Platter hieß, ist weniger seiner Arbeit als Minster oder ideologischer Standfestigkeit geschuldet: Platter war ÖAAB-Chef Tirols und quasi als Michael Spindelegger des Westens der Mann der Funktionäre.

Die und die Basis bearbeitete der ehemalige Gendarmeriebeamte auch für den Nationalratswahlkampf unermüdlich: Kein Wochenende, an dem er nicht aus dem Ministerbüro flüchtete, er nützte jede Gelegenheit zur Heimreise. Wenn der Anlass wichtig war, also etwa die örtliche Blasmusik-Kapelle spielte, ließ er sich schon einmal auf Kosten des Ministeriums einfliegen. Leutseliger und offener war kein Landeshauptmann.

Im Bundesparteivorstand zählt seine Stimme nicht zu den gewichtigen, dort geben Erwin Pröll, Josef Pühringer und selbst Hermann Schützenhöfer mehr den Ton an. Alls ÖAAB-Mann gilt er zwar als Unterstützer von Parteichef Spindelegger, aber alles andere als ein Vertrauter. Das war immer so; Platter saß weder im inneren Kreis Schüssels noch jenem Molterers, deren Mitglieder sind aber auch von der Bildfläche verschwunden. Vor einem Jahr erlitt als Josef Pröll eine Lungenembolie auf der Hüttenparty der prominenten Gastronomen-Familie Schulz. Die gehört zu den guten Freunden Platters; ein lokales Geflecht ähnlich wie das von Deutschlands Christian Wulff.

Wie Spindelegger hatte Platter aber zuletzt zumindest bei einer Personalentscheidung Glück oder einen guten Instinkt: Karlheinz Töchterle wurde auf Empfehlung Platters Wissenschaftsminister. Sollte der Landeshauptmann nach einem schwachen Wahlkampf gehen müssen, wird Töchterle sogar als möglicher Nachfolger genannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2012)

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