Das bequeme Gejammer über den hohen Benzinpreis

Ausgerechnet Vater Staat wird immer wieder um Hilfe angefleht, wenn es um hohe Spritpreise geht. Dabei ist es der Staat, der an der Zapfsäule am besten verdient.

Es ist mittlerweile zu einer Art Osterbrauch geworden, das alljährliche Gejammer um die hohen Spritpreise. Immer wenn Urlaub ansteht, steigen die Preise an den Zapfsäulen und schreien die Boulevardmedien, die Autofahrerklubs und populistische Politiker. Dabei werden wir doch nur Zeuge, dass der Markt funktioniert: Steigt die Nachfrage, steigen die Preise. Dieses Schauspiel werden wir übrigens auch zu Beginn der Sommerferien wieder bass erstaunt miterleben, samt Gejammer und allen anderen Nebengeräuschen. Fahrräder sind kurz vor Ostern übrigens ebenfalls viel teurer als etwa im November. Aber keinen juckt es, weil die bekanntlich der Osterhase bringt, und der schaut nicht auf den Preis.

Das Unglaublichste an der Debatte ist übrigens, dass man ausgerechnet vom Staat einfordert, etwas gegen den hohen Spritpreis zu unternehmen. Dabei ist es doch der Staat, der am meisten an den Preiserhöhungen verdient. Ende März kostete ein Liter Eurosuper im Schnitt 1,49 Euro, 77 Cent davon kassierte der Fiskus. Die Steuerquote auf Treibstoff liegt hierzulande bei fast 52 Prozent. Mittlerweile hat es sich auch herumgesprochen, dass staatliche Interventionen immer zu einer Preiserhöhung geführt haben. Oder hat die im vergangenen Jahr eingeführte Spritpreisverordnung ein Ansteigen der Preise verhindert? Verwaltung und Bürokratie sind vermutlich gestiegen.


Über eine ungerechte und teure Art der Treibstoffpreis-Subvention wird dieser Tage wieder in Deutschland diskutiert: über das Pendlerpauschale. Dort fordern Politiker eine Erhöhung. Nicht, weil es sinnvoll ist, sondern, weil es bei den Wählern gut ankommt, vor allem bei jenen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo im Mai Landtagswahlen anstehen.

In Österreich schenkt der Staat den Pendlern jährlich 600 Millionen Euro. Natürlich nicht nur jenen, die mit dem Auto in die Arbeit fahren. Aber es werden schon einige Autofahrer unter den 800.000 sein, die diese Form der Steuererleichterung jährlich in Anspruch nehmen. Dafür, dass sie abseits der Ballungszentren billigen und ausreichend Wohnraum haben, dürfen sie auch günstiger die Luft verpesten. Und eines ist klar: Solange der Benzinpreis auf diese Weise staatlich subventioniert wird, wird er auch an den Zapfsäulen weiter steigen.

Und noch einen winzigen Aspekt sollte man in der Diskussion nicht ganz außer Acht lassen. Neben den Steuern hängt der Spritpreis noch von einem zweiten Faktor ab: dem Erdöl. Das ist jener schwarze Saft, der immer teurer wird, weil es davon immer weniger gibt und weil der Mensch immer aufwendigere Methoden anwenden muss, um ihn aus Mutter Erde herauszupumpen.

Der berühmte Südtiroler Bergsteiger Reinhold Messner hat einmal gesagt: „Wir gehen eines Tages kaputt, weil wir zu faul sind, um zu Fuß zu gehen.“ Natürlich ist Zu-Fuß-Gehen keine Alternative zum Auto, es ist eine Metapher auf unsere Bequemlichkeit. Wer nur jammert, nach staatlichen Interventionen ruft, sich selbst aber keinen Zentimeter weiterbewegt, wird das Problem nicht lösen. Auch nicht jene, die martialische E-Mails verschicken, in denen sie zum „Kriegführen gegen die Ölgesellschaften“, insbesondere zum Boykott der Ölmultis Total und Shell aufrufen.

Nominell war Treibstoff noch nie so teuer wie dieser Tage. Inflationsbereinigt war Autofahren allerdings in den 1970er-Jahren viel teurer. Denn die Kaufkraft der Österreicher stieg seither deutlich stärker als die Treibstoffpreise. Doch all das zählt nicht, wenn ein voller Tank 85Euro kostet, der Osterurlaub vor der Tür steht und es vor allem in absehbarer Zeit keine finanziell sinnvolle Alternative zum guten alten Otto-Motor gibt.

Das Bequeme am Benzinpreisjammer ist, dass man als Konsument so herrlich ohnmächtig ist. Warum hadert keiner damit, dass in unseren Kühlschränken täglich Unmengen an Lebensmitteln verfaulen oder dass wir jährlich einige Tankfüllungen unsinnig verSMSen oder im Lotto verspielen?

E-Mails an: gerhard.hofer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2012)

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