Parteienproporz bei Staatsbank ÖVAG

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Nach der Verstaatlichung des maroden Volksbanken-Instituts ÖVAG wollen sich SPÖ und ÖVP wichtige Posten untereinander aufteilen. Die Opposition verlangt eine Ausschreibung.

Wien/Höll. Die marode Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG), die mit Staatshilfe vor der Pleite gerettet wurde, soll bis zur Hauptversammlung am 26. April eine neue Führung bekommen. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP sind sich weitgehend einig, wer in der Bank wichtige Jobs übernehmen soll.

Als Favorit für den Chefsessel gilt der aus der ÖVP stammende Bankexperte Stephan Koren, im Gegenzug soll Gertrude Tumpel-Gugerell (SPÖ) Präsidentin des Aufsichtsrats werden, schreibt die staatliche „Wiener Zeitung“. Ursprünglich war der Grazer Universitätsprofessor Waldemar Jud für die Spitze des Kontrollgremiums vorgesehen. Doch daraus wird nichts. Dem Vernehmen nach pocht die SPÖ darauf, dass neben einem ÖVP-nahen Gewährsmann auch jemand aus ihren Reihen zum Zug kommt. Gerüchte, dass sich die Finanzaufsicht gegen Jud quergelegt haben soll, sind falsch.

Geht die Besetzung bei der ÖVAG wie geplant über die Bühne, führen die Regierungsparteien das bereits bei der Bankenaufsicht praktizierte Modell fort: Es gibt in Österreich mit der Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht und der ÖIAG-Tochter Fimbag drei Behörden, die für die Kontrolle der Banken zuständig sind.

Dort haben sich SPÖ und ÖVP die Macht aufgeteilt. „Das riecht nach Proporz“, kritisiert Werner Kogler, Finanzsprecher der Grünen. BZÖ-Chef Josef Bucher verlangt in diesem Zusammenhang eine wirklich unabhängige Bankenaufsicht. „Die Vorgänge bei der ÖVAG sind keine Überraschung. Das hat System“, meint FPÖ-Budgetsprecher Alois Gradauer. Seiner Meinung nach versage in Österreich die Bankenaufsicht, weil deren Spitzenvertreter Teil der politischen Netzwerke seien.

Koren überlegt noch

Da der Bund bei der ÖVAG weniger als 50 Prozent der Anteile übernimmt, brauchen die Vorstandsposten nicht ausgeschrieben werden. Die Opposition verlangt trotzdem, dass ein solches Verfahren mit einem unabhängigen Headhunter eingeleitet wird.

Dem Vernehmen nach soll Stephan Koren ohnehin noch nicht fix zugesagt haben. Er gilt als Wunschkandidat von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), doch Koren erbat sich Bedenkzeit.

Fest steht, dass Tumpel-Gugerell in den Aufsichtsrat des Volksbanken-Instituts einziehen wird. Am heutigen Donnerstag wird die ÖVAG alle Kandidaten für das Kontrollgremium bekannt geben.

Tumpel-Gugerell musste sich in der Vergangenheit unangenehme Fragen im Zusammenhang mit der Bawag gefallen lassen. Sie saß von Juli 1997 bis Mai 2003 im Direktorium der Nationalbank (OeNB). In dieser Zeit tätigte die Bawag die Spekulationsgeschäfte in der Karibik. 2001 erstellte die Nationalbank einen kritischen Prüfbericht zur Bawag, doch dieser landete im Finanzministerium in der Schublade.

Tumpel-Gugerells Mann, Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel (SPÖ), war bis April 1997 Aufsichtsratspräsident der Bawag. Beim Bawag-Prozess sagte Gertrude Tumpel-Gugerell als Zeugin aus, dass sie mit ihrem Mann nie über die Bawag-Sondergeschäfte gesprochen habe: „Jeder von uns hat einen sehr intensiven Beruf.“ Im Jahr 2000, als die Nationalbank mit der Bawag-Prüfung begann, war das Ehepaar Tumpel auf Kosten der Bawag bei den Salzburger Festspielen eingeladen. Die Richterin fragte Tumpel-Gugerell: „Dürfen Sie so etwas überhaupt annehmen?“ Die Zeugin dazu: „Ich war nicht als Bankprüferin eingeladen.“ Im Vorjahr ist die Bankerin aus dem Direktorium der Europäischen Zentralbank ausgeschieden.

Abstimmung mit der Aufsicht

In SPÖ- und ÖVP-Kreisen heißt es, dass die Postenbesetzungen bei der ÖVAG in Abstimmung mit der Finanzaufsicht erfolgen. Aber genau dort spielt der politische Proporz eine wichtige Rolle. Im Vorstand der Nationalbank sitzen mit Ewald Nowotny und Peter Zöllner zwei SPÖ-Vertreter, während Wolfgang Duchatczek und Andreas Ittner der ÖVP zuzurechnen sind.

An der Spitze des OeNB-Generalrats steht mit Claus Raidl ein ÖVP-Mann. Vizepräsident ist Max Kothbauer (SPÖ). Bei der Finanzmarktaufsicht und bei der ÖIAG-Tochter Fimbag, die für die Verwaltung der Staatshilfe bei den Banken zuständig ist, gibt es ähnliche Konstellationen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2012)

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