SPD: "Steuerabkommen hat viel zu viele Schlupflöcher"

The Swiss national flag on top of Switzerlands embassy waves in the wind in front of the glass dome
The Swiss national flag on top of Switzerlands embassy waves in the wind in front of the glass dome (c) AP (Markus Schreiber)
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Deutschland und die Schweiz unterzeichneten einen neuen Steuerpakt. Doch dieser droht an einem Veto der Sozialdemokraten zu scheitern.

Das umstrittene Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz droht trotz erheblicher Nachbesserungen am Nein der SPD-regierten deutschen Bundesländer zu scheitern. Die Vereinbarung soll die Schweiz für deutsche Steuerflüchtlinge unattraktiver machen und hohe Nachversteuerungen für Schwarzgelder ermöglichen. Kurz nachdem sich die deutsche und die Schweizer Regierung in Bern auf Verschärfungen zulasten der deutschen Steuersünder verständigt hatten, kündigte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Donnerstag eine Ablehnung des Abkommens im Bundesrat durch die SPD-regierten Bundesländer an. "Das Abkommen wird nicht wirksam, es enthält viel zu viele Schlupflöcher." Skepsis hört man auch aus Brüssel, wo die EU-Kommission das Abkommen genau prüfen will.

Knackpunkt ist, dass die Abgabe von 21 bis 41 Prozent erst für Vermögen gelten soll, die 2013 noch auf Schweizer Konten liegen. Davor könnten Steuerhinterzieher ihr in der Schweiz verstecktes Vermögen in andere Länder verlagern. und dadurch die Amnestieabgabe umgehen. Wenn die Schweiz sich nicht darauf einlasse, auch rückwirkend Abgaben zu erwirken, will die SPD das Abkommen im deutschen Bundesrat ablehnen.

Änderungsprotokoll unterzeichnet

Mit dem jetzt unterzeichneten Änderungsprotokoll versuchen die deutsche und die Schweizer Regierung das im August 2011 geschlossene Steuerabkommen angesichts der heftigen Kritik von SPD und Grünen zu retten. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wie auch seine Schweizer Kollegin Eveline Widmer-Schlumpf hatten von einem für beide Seiten angemessenen und fairen Kompromiss zur Lösung des langjährigen Steuerstreits gesprochen. In Deutschland muss das Abkommen allerdings grünes Licht vom Bundesrat bekommen. Ohne Stimmen der SPD- und Grünen-regierten Länder ist eine Mehrheit in der Länderkammer nicht zu erreichen.

Da über das deutsch-schweizerische Abkommen erst nach der Sommerpause im deutschen Bundesrat abgestimmt werden dürfte - also nach den Wahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein - geben maßgebliche Koalitionsvertreter das Abkommen noch nicht verloren. "Ich denke, dass das, was jetzt an Änderungen kommt, die Chancen auf jeden Fall verbessern wird, weil das ja den Forderungen der SPD-Länder Rechnung trägt", sagte ein hoher Regierungsvertreter. Dem widersprach SPD-Chef Gabriel.

"Ohrfeige für ehrliche Steuerzahler"

"Es wird zum zweiten Mal scheitern, weil die SPD-geführten Länder da nicht mitmachen werden", kündigte er an. Die Vereinbarung sei "eine Ohrfeige für jeden ehrlichen Steuerzahler", sagte Gabriel in Berlin. Dadurch würde "millionenfache Steuerhinterziehung nachträglich legitimiert". Ein Milliardenvermögen werde ins Ausland gebracht, dieses Geld fehle in Deutschland für Bildung oder Infrastrukturmaßnahmen. Das Steuerabkommen sei "in hohem Maß sozialschädlich". Gabriels Parteikollege und Finanzminister aus Düsseldorf Walter-Borjans ergänzte: "So kann es eigentlich nur den Weg gehen, dass die Mehrheit der Länder da eine entschiedenes Nein sagt."

Durch das Änderungsprotokoll soll auf vererbtes Schwarzgeld der Maximalsatz der deutschen Erbschaftssteuer von 50 Prozent erhoben werden. Auf schon länger im Nachbarland deponiertes Schwarzgeld soll einmalig eine pauschale Abgeltungssteuer zwischen 21 und 41 Prozent erhoben werden - bisher war von 19 bis 34 Prozent die Rede. Zudem soll der Steuerflüchtling nicht mehr, wie bisher vorgesehen, nach Inkrafttreten der Vereinbarung einige Monate Zeit erhalten, sein Geld in einen Drittstaat zu verlagern. Vielmehr soll mit Inkrafttreten des Abkommens zum 1. Jänner 2013 gelten: Verlagerungen von Vermögen von der Schweiz in Drittländer werden den deutschen Behörden gemeldet. Für eine rückwirkende Regelung, wie sie SPD und Grüne fordern, war die Schweizer Seite aber nicht zu haben.

EU will Abkommen genau prüfen

Warnende Worte kommen auch aus Brüssel. Die Kommission will das Abkommen überprüfen. Es geht darum, ob EU-Regeln eingehalten werden. Die EU-Behörde habe gegenüber Berlin ihre Bedenken im Hinblick auf die ursprüngliche Abmachung sehr deutlich gemacht, sagte die Sprecherin von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Auf Details des Abkommens ging sie nicht ein. "Wir werden unserer Bewertung erst nach einer gründlichen Analyse der Ergänzungen abgeben", sagte die Sprecherin.

Grundsätzlich dürften bilaterale Abkommen von EU-Ländern mit Drittstaaten nicht bereits existierende EU-Gesetze untergraben, sagte sie weiters und wies auf die grenzüberschreitende Zinsbesteuerung hin, die die Steuerflucht in Europa eindämmen soll, und das Abkommen zwischen der EU und der Schweiz. Die EU sei gegenüber Drittstaaten generell nicht bereit, in Steuerfragen klein beizugeben. "Ein Bankgeheimnis, das Steuerflucht schützt, ist für uns nicht hinnehmbar."

(APA)

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