Benedikt rügt Helmut Schüller: Aufruf zum Gehorsam

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Benedikt XVI. hat am Gründonnerstag in einer Predigt auch Bezug auf österreichische Reformbewegungen genommen. Kardinal Schönborn sieht in den Worten des Papstes eine „Ermutigung“ für die Kirche in Österreich.

Vatikanstadt/Wien/kap/d. n. Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Papst in einer Predigt, noch dazu am Beginn der wichtigsten Tage des Kirchenjahres, eine (lokale) Reforminitiative erwähnt. Noch seltener nimmt er auf österreichische Vorgänge Bezug. Am Gründonnerstag war es so weit.

In der Chrisammesse im Petersdom, bei der traditionell die Öle für die Sakramente gesegnet werden, ging Benedikt XVI. auf den „Aufruf zum Ungehorsam“ ein. Diesen hatte die Pfarrerinitiative mit Helmut Schüller an der Spitze im Juni 2011 veröffentlicht. „Ist Ungehorsam wirklich ein Weg?“ So fragt Benedikt XVI. (siehe unten stehenden Wortlaut). Der Papst gesteht den Initiatoren zu, „dass sie die Sorge um die Kirche umtreibt“. Gleichzeitig stellt er die rhetorische Frage: Handle es sich dabei nicht doch nur um den „verzweifelten Drang, die Kirche nach unseren Wünschen und Vorstellungen umzuwandeln?“. Auf die Forderungen der Pfarrerinitiative (unter anderem Nein zum Zölibat, Ja zu Laienpredigten) geht der Papst nicht direkt ein. Mit einer Ausnahme: Er bekräftigt das Nein zur Weihe von Frauen zu Priesterinnen. Dies sei eine „endgültige“ Entscheidung des Lehramtes. Gefragt sei nicht Ungehorsam. „Die Radikalität des Gehorsams“ führe zur Erneuerung.



Kardinal Christoph Schönborn, unmittelbarer Vorgesetzter Schüllers, sieht in den Worten des Papstes eine „Ermutigung“ für die Kirche in Österreich. Einerseits gehe aus ihnen hervor, wie ernst der Papst die Auseinandersetzung um die Zukunft der Kirche auch in Österreich nehme und wie genau er die Situation hier kenne. Schönborn: „Das ist Hirtensorge, die Mut macht.“

„Anfang von Bewegung?“

Schüller selbst zeigte sich auf Anfrage der „Presse“ positiv überrascht. Viele hätten vom Papst anderes erwartet. Schüller: „Er hat nicht den Weg des Verbots gewählt.“ Offenbar habe sich im Vatikan die Einschätzung gegenüber der Pfarrerinitiative geändert. „Vielleicht ist das der Anfang von Bewegung“, so Schüller. Und prinzipiell zur Frage der Gehorsamkeit: „Wir sind Gott und unserem Gewissen gehorsam. Wir sind ungehorsam gegenüber einer Kirchenordnung, die in einer ganzen Reihe von Punkten geändert gehört.“

Im Wortlaut: Der Papst am Gründonnerstag im Petersdom

„Vor Kurzem hat eine Gruppe von Priestern in einem europäischen Land einen Aufruf zum Ungehorsam veröffentlicht und dabei gleichzeitig auch konkrete Beispiele angeführt, wie dieser Ungehorsam aussehen kann, der sich auch über endgültige Entscheidungen des kirchlichen Lehramtes hinwegsetzen soll wie zum Beispiel in der Frage der Frauenordination, zu der der selige Papst Johannes Paul II. in unwiderruflicher Weise erklärt hat, dass die Kirche dazu keine Vollmacht vom Herrn erhalten hat. Ist Ungehorsam ein Weg, um die Kirche zu erneuern? Wir wollen den Autoren dieses Aufrufs glauben, dass sie die Sorge um die Kirche umtreibt; dass sie überzeugt sind, der Trägheit der Institutionen mit drastischen Mitteln begegnen zu müssen, um neue Wege zu öffnen – die Kirche wieder auf die Höhe des Heute zu bringen. Aber ist Ungehorsam wirklich ein Weg? Spüren wir darin etwas von der Gleichgestaltung mit Christus, die die Voraussetzung wirklicher Erneuerung ist oder nicht doch nur den verzweifelten Drang, etwas zu machen, die Kirche nach unseren Wünschen und Vorstellungen umzuwandeln? (. . .) Wird mit solchen Erwägungen nicht Immobilismus, die Erstarrung der Traditionen verteidigt? Nein. Wer auf die Geschichte der Nachkonzilszeit hinschaut, kann die Dynamik der wahren Erneuerung erkennen (. . .). Wenn wir auf Menschen hinschauen, von denen diese frischen Ströme des Lebens ausgehen, sehen wir, dass zu neuer Fruchtbarkeit das Erfülltsein von der Freude des Glaubens, die Radikalität des Gehorsams, die Dynamik der Hoffnung und die Kraft der Liebe gehören.“

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