Zuverdienst in Pension: Berlin erhöht Grenze, Wien belässt Privileg

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Die österreichische Regierung zementiert durch Zuwarten Bevorzugung der Beamtenpensionisten ein. Entwicklung in Berlin könnte neuen Schwung in die Diskussion um den Zuerwerb in der Pension in Österreich bringen.

Wien/Berlin. Mit der wachsenden Zahl an Pensionisten wird neben den Finanzierungsschwierigkeiten noch ein anderes Problem größer: Es wollen mehr Menschen im Ruhestand einem Nebenerwerb nachgehen. Wenn es sich um ASVG-Frühpensionisten handelt, wird ihre Pension allerdings gestrichen, wenn der Zuverdienst die Geringfügigkeitsgrenze von 376,26 Euro brutto im Monat überschreitet (siehe „Ruhensbestimmungen“ unten). Beamte haben es besser: Sie dürfen im vorzeitigen Ruhestand unbegrenzt dazuverdienen. Deutschlands Regierung macht sich daran, die Zuverdienstgrenze für Rentner zu erhöhen. In Österreich steht das derzeit nicht zur Debatte. Eine Folge: Es bleibt in dieser Hinsicht die seit rund sechs Jahren bestehende Bevorzugung der Beamten im vorzeitigen Ruhestand aufrecht.

Dabei macht besonders der ÖVP-Seniorenbund mit Obmann Andreas Khol und seiner Stellvertreterin und ÖVP-Seniorensprecherin im Nationalrat, Gertrude Aubauer, schon seit Langem Druck für eine Änderung beim Zuverdienst auch für ASVG-Frühpensionisten, Bauern und Selbstständige. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), der für die ASVG-Ruhensbestimmungen zuständig ist, winkt derzeit ab: Diese Debatte sei „eine sehr schwierige“, sagt er auf Anfrage der „Presse“.

Ablehnung aus Sorge um den Arbeitsmarkt

Eine von ihm schon 2009/10 eingesetzte Arbeitsgruppe hat eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze abgelehnt, weil dadurch der Arbeitsmarkt mit älteren Beschäftigten stärker belastet würde. Verfechter einer Änderung, wie die ÖVP-Senioren, argumentieren hingegen, es gehe beim Zuerwerb in vielen Fällen um ganz andere (Teilzeit-)Jobs.

Für die umgekehrte Variante, also für eine einheitliche Regelung mit Ruhensbestimmungen auch für Beamte im vorzeitigen Ruhestand, findet sich seit der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof Ende 2005 keine Mehrheit. Es hat seither kaum ein Regierungsmitglied – ausgenommen Ex-Beamtenministerin Doris Bures (SPÖ) – gewagt, das Thema überhaupt anzutasten.

Für die ÖVP-Seite in der Regierung war das de facto ein Tabuthema. SPÖ-Minister Hundstorfer wiederum erklärt der „Presse“: „Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist halt so, ob es mir passt oder nicht.“ Die für die Beamten zuständige Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sieht, wie ihr Büro mitteilte, ihre Hände durch das Urteil gebunden, auch wenn man mit der Ungleichbehandlung keine Freude hat.

Die Entwicklung in Berlin könnte neuen Schwung in die Diskussion um den Zuerwerb in der Pension in Österreich bringen. Berlins Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ Pläne ausgearbeitet: Demnach dürften deutsche Rentner deutlich mehr Geld ohne Abzüge der Pension dazuverdienen. Bisher durften maximal 400 Euro im Monat, also nur etwas mehr als in Österreich, dazuverdient werden. Für ASVG-Pensionisten gelten ab dem Regelpensionsalter von 60 Jahren (Frauen) bzw. 65 Jahren (Männer) auch hierzulande keine Ruhensbestimmungen.

Nach dem Modell der Arbeitsministerin fallen die fixen Verdienstgrenzen. Es soll ermöglicht werden, dass jemand aus Pension und Zuverdienst zusammen so viel Geld erhält wie zuvor während seiner Berufstätigkeit. Für die individuelle Obergrenze sollen die 15 Jahre mit den höchsten Einkommen herangezogen werden. Voraussetzung ist eine Mindestdauer an Versicherungsjahren.

ÖVP-Mandatarin Aubauer drängt darauf, das deutsche Modell als Vorbild heranzuziehen. In einem zweiten Schritt sollte die Zuverdienstgrenze für Frühpensionisten dann abgeschafft werden.

Auf einen Blick

Ruhensbestimmungen. Diese regeln, wie viel ein Frühpensionist (ASVG, Bauern, Gewerbe) dazuverdienen darf. Pro Monat sind das 376,26 Euro brutto (Geringfügigkeitsgrenze) bzw. 28,89 Euro je Tag. Wird eine der beiden Grenzen (auch nur knapp) überschritten, „ruht“ die Pension, sie wird nicht mehr ausbezahlt. Für Beamte gelten seit Ende 2005 keine Ruhensbestimmungen mehr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2012)

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