Die Kommunistische Partei hat den einstigen Hoffnungsträger Bo Xilai entmachtet. Seine Ehefrau wurde wegen Mordverdachts festgenommen.
Der chinesische Spitzenpolitiker Bo Xilai ist von seinen Parteiämtern entbunden, seine Ehefrau Gu Kailai unter Mordverdacht festgenommen worden. Mit den Entscheidungen des Zentralkomitees, über die die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstag in Peking berichtete, erreicht der Skandal in der Führung der Kommunistischen Partei einen neuen Höhepunkt.
Bo, der im 25-köpfigen Politbüro saß, werden "ernste Disziplinarverstöße" vorgeworfen. Im März war er bereits als Parteichef der 32-Millionen-Metropole Chongqing (Tschungking), einer aus der Provinz Sichuan ausgegliederten, 82.500 qkm großen regierungsunmittelbaren Agglomeration, abgesetzt worden.
Mordverdacht gegen Ehefrau
Seine Frau Gu Kailai und ein Mitarbeiter der Familie werden demnach des Mordes an einem britischen Staatsbürger verdächtigt. Der Tod von Neil Heywood, einem Freund der Familie, im November in einem Hotel in Chongqing werde als Mord betrachtet. Die Ermittlungen zu seinem Tod werden neu aufgenommen. Ursprünglich hieß es, der 41-jährige Brite sei an übermäßigem Alkoholkonsum gestorben. Heywood und die Frau von Bo Xilai, einst eine prominente Anwältin, hätten Streit um geschäftliche Dinge gehabt, berichtete Xinhua.
Heywood lernte die Familie in den 1990er Jahren kennen, als Bo Xilai noch Bürgermeister der Hafenstadt Dalian (früher Lüda) war. Über Beziehungen verhalf Heywood dem Sohn Bo Guagua 2001 in die britische Eliteschule Harrow. Heywood selbst war mit einer Chinesin verheiratet, hat zwei kleine Kinder und lebte zuletzt in Peking. Als Berater für ausländische Firmen soll Heywood Treffen mit Bo Xilai arrangiert haben, der von 2004 bis 2007 auch Handelsminister war. Es gibt den vagen Verdacht, dass er der Familie geholfen haben könnte, einen Teil ihres Vermögens ins Ausland zu schaffen. Der Brite trat als Unternehmensberater auf und sammelte spezielle Informationen über chinesische Firmen. Heywood arbeitete auch für die britische Firma Hakluyt, die sich auf solche "Business Intelligence" spezialisiert hat und von früheren Mitgliedern des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 gegründet worden war.
Sohn des "unsterblichen" Revolutionärs Bo Yibo
Bo Xilai, Sohn des Revolutionshelden Bo Yibo (1908-2007), der zu den "acht Unsterblichen" der kommunistischen Machtelite gehörte und unter Mao Zedong Finanzminister gewesen war, galt als Anwärter für die Mitgliedschaft im neunköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem eigentlichen Machtzentrum, dessen Mitglieder auf dem nächsten Parteitag im Herbst weitgehend ausgetauscht werden sollen.
Bo, der zu den populärsten aber auch umstrittensten Politikern der Volksrepublik gehörte, vertrat nach außen eine eher traditionalistische und egalitäre Politik, die im Widerspruch zum wachstumsorientierten Kurs der restlichen Parteiführung stand. So versprach er als Parteichef von Chongqing die Unterschiede zwischen Arm und Reich einzuebnen. Seine Anhänger sehen in Bo denn auch das Opfer einer Verschwörung. Ministerpräsident Wen Jiabao hatte Bo im März wegen dessen Politik öffentlich gerügt und vor einer Verklärung der Ära des 1976 verstorbenen Partei- und Staatsgründers Mao Zedong und einer Rückkehr zu den chaotischen Zuständen der "Kulturrevolution" gewarnt.
(Ag.)