Verkehr: Startschuss für Elektrotankstellen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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DIe Konzerne Verbund und Siemens planen den österreichweiten Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Bis 2020 sollen über eine Tochterfirma 300 Millionen Euro investiert werden.

Wien/Jaz. Von den künftigen Konkurrenten gab es zuletzt eine gehörige Portion Rückenwind. Denn die Rekordpreise an den Tankstellen in der Karwoche sorgten wieder für verstärktes Interesse an alternativen Antriebstechniken. Darunter auch die immer noch in den Kinderschuhen steckende Elektromobilität, die nach einer Phase der öffentlichen Euphorie aufgrund der langsamen Entwicklung zunehmend in die Kritik gekommen ist. Nun wollen sich der Verbund und Siemens dieses Themas hierzulande annehmen. Die beiden Konzerne planen über eine gemeinsame Tochter bis 2020 ein österreichweites Netz an Elektrotankstellen aufzubauen.

„Wir wollen weg von isolierten lokalen Projekten, hin zu einer österreichweiten Lösung“, sagt Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber. Allerdings sei das Joint Venture zwischen den beiden Konzernen keine „exklusive Veranstaltung“, sondern offen für andere Unternehmen – etwa die Landesenergieversorger. Diese könnten auch aus grenznahen Ballungszentren, etwa der slowakischen Hauptstadt Bratislava, kommen, so Siemens-Chef Wolfgang Hesoun.

Schnellladen in 20 Minuten

Konkret soll die neu gegründete Tochterfirma, für die erst ein „knackiger Name“ gesucht werden muss, bis 2020 ein Netz von 4500 öffentlichen Ladestationen für Elektroautos aufbauen. Darunter auch etwa 100 Schnellladestationen, mit denen ein Elektroauto in rund 20 Minuten geladen werden kann. Bei den herkömmlichen Ladestationen dauert das zwischen acht und 13 Stunden.

Ähnlich wie bei den Mobilfunkbetreibern in den 1990er-Jahren sollen ausgehend von Wien zuerst die Ballungszentren entlang der West- und Südachse erschlossen werden. Auch auf den verbindenden Autobahnen zwischen den Städten sollen an bestehenden Raststationen Schnellladestationen errichtet werden.

Mit diesem österreichweiten Netz soll die politische Vision von 200.000 Elektroautos auf Österreichs Straßen bis 2020 Wirklichkeit werden, so Anzengruber. Eine Zahl, die von vielen als unrealistisch angesehen wird. Denn per Ende Februar 2012 gab es hierzulande erst lediglich 1099 rein elektrisch betriebene Autos. Für das Joint Venture seien die 200.000 Autos aber gar nicht notwendig. Denn schon ab 90.000 Elektroautos würde sich die Investitionssumme von 300 Mio. Euro rechnen.

Studien sind pessimistischer

Damit sind die beiden Konzerne deutlich optimistischer als etwa die Unternehmensberatung A.T. Kearney, die in einer Studie vor zwei Jahren zu dem Schluss kam, dass sich der Ausbau eines Elektrotankstellennetzes in Österreich für die Betreiber nicht rechnen kann. Die Berater rechneten damals mit Investitionskosten von 1,1 Mrd. Euro – um dieses Geld sollten jedoch 230.000 öffentliche Ladestationen und 520.000 Stationen in privaten Garagen errichtet werden. Die zusätzlichen Umsätze, die Elektroautos den Stromanbietern bringen, belaufen sich laut der Studie im Jahr 2020 aber lediglich auf 45 Mio. Euro pro Jahr.

Ein entscheidendes Thema könnten daher staatliche Förderungen sein. Anzengruber und Hesoun wollten am Dienstag „keine Forderungen anmelden“. Hilfreich wären jedoch „schnellere Genehmigungsverfahren beim Infrastrukturausbau“ oder eine „negative Nova für Elektroautos“ – also eine staatliche Förderung beim Autokauf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2012)

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