Spanien kämpft ums Überleben: „Kreditlast stranguliert das Land“

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Symbolbild(c) AP (Alvaro Barrientos)
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Spanien kämpft mit aller Macht um seinen angekratzten Ruf. Das jüngste Vertrauenssignal an Europa und die Finanzwelt ist der Beschluss einer Schuldenbremse. Sie soll ab 2020 das hohe Defizit in Spanien stoppen.

Madrid. Spanien kämpft mit aller Macht um seinen angekratzten Ruf als verlässlicher EU-Partner. Und gegen wachsende internationale Sorgen, dass das schlingernde Euro-Schuldenland es vielleicht doch nicht schaffen könnte, aus eigener Kraft aus der tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise zu kommen. Der konservative Regierungschef Mariano Rajoy wies Befürchtungen, dass nach Griechenland, Irland und Portugal auch Spanien vom Eurofonds gerettet werden müsse, energisch zurück: „Das ist nicht der Fall, und es wird auch in der Zukunft nicht so sein.“

Zugleich warnte Spaniens Ministerpräsident davor, dass die schwere Kreditlast durch den riesigen Schuldenberg „das Land stranguliert“. Rajoy: „Wir müssen unbedingt aus diesem Teufelskreis heraus.“ Spanien muss heuer 29 Milliarden Euro für die Kredittilgung aufbringen – das ist der zweitgrößte Haushaltsposten nach den Ausgaben für Renten und Arbeitslosenunterstützung.

Spanien hatte es 2011 nicht geschafft, sein Haushaltsdefizit, wie versprochen, deutlich zu senken. Statt der angestrebten sechs Prozent Neuverschuldung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), landete das Land bei einem Minus von 8,5 Prozent. Das Loch könnte noch tiefer werden, da Regionen und Kommunen viele Milliarden an unbezahlten Rechnungen vor sich herschieben, etliche Rathäuser sind kurz vor der Pleite.

Mit massiven Sparpaketen und Reformen versucht Spanien seit Monaten, seine Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen und die Unruhe an den Finanzmärkten zu besänftigen. Das jüngste Vertrauenssignal an Europa und die Finanzwelt ist der Beschluss einer radikalen Schuldenbremse. Damit wird der Regierung, den Regionen und Kommunen die Aufnahme neuer Schulden ganz verboten – wenn auch erst von 2020 an. „Wir können nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen“, mahnte Rajoy.

Arbeitslosigkeit bei 24 Prozent

Zuvor hatte Rajoy ein Anti-Krisen-Paket durchgepeitscht, das Rekordeinsparungen und Sondereinnahmen (vor allem aus Steuererhöhungen) von 27 Milliarden vorsieht. Überall wird die Axt angesetzt. Sogar in so wichtigen Bereichen wie Bildung, Forschung, Gesundheit, Jugend, Altenpflege, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderung. Auch Bauern und Beamte müssen kürzertreten. Regionen und Kommunen bürden den Bürgern weitere Lasten auf: Nahverkehr, Müllabfuhr, Schul- und Kindergarten werden teurer.

Geholfen haben die Reformversprechen bisher wenig, um die internationalen Sorgen zu dämpfen. Auch weil sich die Finanzmärkte an nüchternen Zahlen orientieren. Diese sprechen nach vier Jahren Krise nicht für eine Besserung in Spanien. Die Arbeitslosigkeit steigt weiter und wird demnächst die 24-Prozent-Marke überspringen, die Wirtschaftsleistung schrumpft heuer um geschätzt 1,7 Prozent – und die Schuldenkrise scheint außer Kontrolle.

Vor allem deswegen klettern die Risikoprämien, die Spanien für frisches Geld an den Finanzmärkten bezahlen muss: Zehnjährige spanische Kreditanleihen werden mit knapp sechs Prozent Zinsen gehandelt, drei Mal mehr, als für deutsche Bundesanleihen verlangt wird. Die Aufnahme milliardenschwerer Staatskredite, ohne welche das Königreich seine laufenden Kosten nicht mehr bezahlen kann, engt Spaniens Handlungsspielraum ein. „Die Lage“, räumt Rajoy mit der ihm eigenen Trockenheit ein, „ist sehr schwierig.“

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