Koran-Verteilung: Deutsche Politik alarmiert

(c) REUTERS (ZOUBEIR SOUISSI)
  • Drucken

Koran-Verteilung erweist sich als perfekte PR-Maschinerie für radikale Islam-Strömungen. Befürchtung, dass es nicht um friedliche Missionierung geht, sondern darum, Nachwuchs für radikale Gruppen zu rekrutieren.

Berlin/Gau. Der stets adrett gekleidete Mann mit der ruhigen, eindringlichen Stimme hat als Geschäftsmann begonnen. Sein Talent beweist Ibrahim Abou-Nagie auch mit der Koran-Aktion. Als der salafistische Prediger im Herbst verkündete, er wolle 25 Millionen Exemplare des heiligen Buches gratis unter die ungläubigen Deutschen bringen, nahm ihn kaum jemand ernst. Über sein Motiv wurde gelacht: Er wolle verhindern, dass die Menschen „für alle Ewigkeit in der Hölle schmoren“.

Nun ist den Deutschen das Lachen vergangen. 300.000 Stück sollen schon verteilt worden sein, in Fußgängerzonen und vor Schulen, über Infostände und aus Taschen. Schon am kommenden Samstag folgt die zweite große Welle in 38 Städten. Die Liste ist einsehbar, auf der Website „Die wahre Religion“. Finanziert wird das Projekt offiziell von „Brüdern und Schwestern“. Sie können rot gebundene Exemplare zu einem niedrigen Preis erwerben und damit die blauen Bücher für die Heiden sponsern. Weil das wohl nicht ausreicht, werden potente Geldgeber aus den Golfstaaten vermutet.

Die juristische Beurteilung scheint zunächst klar: Das Recht, für ihren Glauben zu werben, haben Muslime ebenso wie Christen und Zeugen Jehovas. Das Problem sind die Menschen, die hinter der Aktion stehen. Es geht um radikale Splittergruppen des Islam. Integration in die westliche Wertegemeinschaft gilt ihnen als Weg ins Verderben. Die Scharia steht für sie über dem Grundgesetz. Und sie schwärmen von einem Tod für den Glauben, der sie in die höchste Stufe des Paradieses bringt – was sie tendenziell anfällig für terroristische Gewaltakte macht. Abou-Nagie selbst wurde wegen Anstiftung zu Straftaten von der Staatsanwaltschaft Köln angeklagt.

Grüne fordern „Schutzzonen“

So wächst die Befürchtung, dass es bei seiner Aktion nicht um friedliche Missionierung geht, sondern darum, Nachwuchs für radikale Gruppen zu rekrutieren. Dazu passt, dass die Bücherverteiler vor allem den Kontakt zu Jugendlichen suchen. Angriffsflächen werden geschickt vermieden. So stufen Experten die verwendete Koran-Übersetzung als „moderat“ ein.

Abou-Nagie selbst nennt sie „provisorisch“. Dem Agitator ist es gelungen, die zersplitterte und verfeindete Szene zu einen. Deutschlands Politiker überbieten sich in sorgenvollen Appellen. Der aggressiven Aktion müsse Einhalt geboten werden, fordert die Union. Die Grünen wollen polizeiliche Kontrolle und Schutzzonen um Schulen, in denen Werbung generell untersagt sein soll.

Die öffentliche Aufregung verschafft den Salafisten eine ungeahnte Medienpräsenz, die es ihnen erlaubt, sich als Sprachrohr aller Muslime darzustellen. Aus ihrer Sicht dürfte sich Abou-Nagie mit diesem Coup bereits einen Platz im Paradies verdient haben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symolbild Koran
Religion

Koran-Verteilung: Österreichische Behörden "aufmerksam"

In Wien, Graz und Vöcklabruck sollen Gratis-Exemplare des Koran verteilt worden sein. Von der Islamischen Glaubensgemeinschaft gibt es noch keine offizielle Stellungnahme.
Archivbild: Ein Jugendlicher liest im Koran, aufgenommen in Paksitan.
Religion

Islamisten verteilen Gratis-Koran auch in Wien

Radikale Salafisten wollen im deutschsprachigen Raum Millionen Exemplare des Koran kostenlos verteilen. Auch in Wien ist die „Aktion Koran" bereits angelaufen, wie ein YouTube-Video zeigt.
Kramar

Der Koran in allen Hotelzimmern? Aber ja!

Die geplante Massenverteilung des Koran sorgt für Aufregung. Könnte es sein, dass die Wirkmacht dieses Buchs überschätzt wird?
Symbolbild: Ein Jugendlicher liest im Koran, aufgenommen in Frankreich.
Religion

Salafisten wollen "Koran in jedem deutschen Haushalt"

Radikalislamische Salafisten wollen in Deutschland 25 Millionen Gratis-Exemplare des Koran verteilen. Verfassungsschutz und Politik sind besorgt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.