Salzburg: Testamentfälscher-Prozess eröffnet

Großes Medieninteresse beim Prozess-Auftakt in Salzburg.
Großes Medieninteresse beim Prozess-Auftakt in Salzburg.(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Verspäteter Beginn der Hauptverhandlung gegen zehn Angeklagte. Sie sollen Testamente und Schenkungsverträge manipuliert haben, 158 Geschädigte sind bekannt. "Gelder in nicht unbeträchtlicher Höhe" könnten bald freigegeben werden.

Am Landesgericht Salzburg hat am Montag der Prozess um den Testamentsfälscher-Skandal am Bezirksgericht Dornbirn begonnen. Von den zehn Angeklagten - darunter fünf Justizmitarbeiter - nahmen vorerst neun Platz, weil ein Teil des Verfahrens erst ab Mitte Mai aufgerollt wird. Am ersten Tag waren der Staatsanwalt, der weitere Ermittlungen ankündigte, und die Verteidiger am Wort.

In dem Verfahren sind insgesamt zehn Menschen angeklagt, die von 2001 bis 2008 in 18 Verlassenschaftsverfahren 16 Testamente und zwei Schenkungsverträge manipuliert haben sollen, um sich und Angehörige zu bereichern. Der Gesamtschaden soll zehn Millionen Euro betragen, 158 Geschädigte sind bekannt. Die Vorwürfe lauten auf Amtsmissbrauch, gewerbsmäßig schweren Betrug unter Ausnützung einer Amtsstellung und Fälschung besonders geschützter Urkunden unter Ausnützung einer Amtsstellung. Im Falle eines Schuldspruchs drohen den Beschuldigten bis zu 15 Jahren Haft.

"Verfahren in Arbeit, die zum Himmel stinken"

Der Feldkircher Staatsanwalt Manfred Bolter stellte gleich in seinem Anklagevortrag klar, dass noch längst nicht alle Fälschungen geklärt seien: "Das sind wichtige Fälle, die ich herausgepickt habe. Es ist nicht alles entdeckt, was passiert ist. Wir haben nach wie vor Verfahren in Arbeit, die zum Himmel stinken."

Bolter erläuterte auch, weshalb es so lange gedauert hat, bis die Fälschungen ans Tageslicht gekommen sind; er zitierte dazu jene Richterin, der Anfang 2009 eine Manipulation in einer Verlassenschaftssache ins Auge gestochen war. "Sie sagte: 'Die Laus sitzt im eigenen Pelz'. Das erste Mal ist das Unaussprechliche diskutiert worden - dass die Täter vielleicht in den eigenen Reihen sitzen. Es hat sehr lange in unseren Köpfen gedauert, bis wir den Gedanken zulassen konnten: Da passiert etwas in den eigenen Reihen."

Hauptbeschuldigter übernimmt Verantwortung

Der Hauptbeschuldigte und Kronzeuge der Anklage, Jürgen H. (47), derzeit suspendierter Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichtes Dornbirn, ist für Staatsanwalt Bolter in den letzten zehn Jahren die "noch lebende Hauptfigur" im ganzen Skandal. Eine weitere zentrale Figur, ein Vorarlberger Rechtsanwalt, sei bereits gestorben. Die vier angeklagten Angehörigen von Jürgen H. und dessen ebenfalls beschuldigter Freund Peter H. (48) bezeichnete der Staatsanwalt als "notwendige Mitspieler". Die Kernfrage sei, ob die drei nicht geständigen damaligen Rechtspfleger am Bezirksgericht Dornbirn, Kurt T. (48), Clemens M. (52) und Walter M. (72), mit Jürgen H. im Boot saßen.

Jürgen H., der wortlos, bleich, aber gefasst den Saal betreten hatte, übernahm die volle Verantwortung: "Jürgen H. weiß, was er getan hat, er kennt den Strafrahmen und er weiß, dass er zu Recht angeklagt ist", erklärte dessen Verteidiger Klaus Grubhofer in seinem Eröffnungsvortrag. Sein Mandant sei von Anfang an voll geständig gewesen und wolle damit einen Beitrag leisten, das Vertrauen in die Justiz wieder herzustellen.

"Verschließen der Augen vor der Wirklichkeit"

Anwalt Grubhofer prangerte auch die Zustände am Bezirksgericht Dornbirn an. Gerichtsbedienstete hätten jahrzehntelang nebenberuflich Verträge errichtet, es habe Verfahren wegen Winkelschreiberei gegeben. Doch so gut wie nie habe es disziplinäre Sanktionen gegeben. "Durch das Verschließen der Augen vor der Wirklichkeit konnte es geschehen, dass das Unrechtsbewusstsein bei manchen verkümmerte."

Schon zum Auftakt der Verhandlung ließ der Vorsitzende des Schöffensenates, Richter Andreas Posch, mit einer Ankündigung aufhorchen, die für die 158 Geschädigten des Skandals von Bedeutung wäre: Bereits Ende der kommenden Woche könnten von der Justiz beschlagnahmte, aber bisher gesperrte "Gelder in nicht unbeträchtlicher Höhe" freigegeben werden.

Nur zehn Zuschauer

Die Verhandlung hatte mit fast halbstündiger Verspätung begonnen. Das Interesse am Prozess war - abgesehen von den Medien - allerdings enden wollend: Gerade einmal zehn Menschen nahmen auf den Besucher-Sitzen Platz, da waren aber Landesgerichts-Präsident Hans Rathgeb und einige Rechtspraktikanten schon mitgezählt.

Auf der Anklagebank waren zunächst nur neun der zehn Beschuldigten zu finden: Denn die Anklage der Staatsanwaltschaft Steyr gegen die Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia Ratz (48), die ein gefälschtes Testament zugunsten ihrer Mutter und Tante in Auftrag gegeben haben soll, wurde vorerst ausgeklammert und soll erst ab 14. Mai verhandelt werden. Ratz wie auch Andreas Pechatschek, Erster Staatsanwalt in Steyr, blieben dem Verfahren daher noch fern.

Am Dienstag werden erstmals die Angeklagten gehört: Zuerst zu ihren Lebensgeschichten, ihren beruflichen Werdegängen und ihren Funktionen bei der Justiz. Voraussichtlich ab Mittwoch beschäftigt sich der Schöffensenat mit den einzelnen Vorwürfen.

(APA)

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