Die Machtübergabe des ägyptischen Militärs an einen gewählten Präsidenten könnte sich verzögern. Der Grund: Die Verfassung müsse noch vor Beginn der Wahl fertig sein - davon ist man allerdings weit entfernt.
Der Zeitplan für die Machtübergabe des ägyptischen Militärs an einen gewählten Präsidenten ist in Gefahr. Die Kairoer Tageszeitungen berichteten am Montag, der Vorsitzende des Obersten Militärrates, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, habe gefordert, die neue Verfassung müsse noch vor Beginn der Präsidentenwahl fertig sein.
Tantawi habe vor Politikern der im Parlament vertretenen Parteien erklärt, man könne keinen Präsidenten wählen, ohne dass die Machtverteilung zwischen Präsident, Parlament und Regierung vorher geklärt sei. Der Verfassungsprozess hat aber noch nicht einmal begonnen. Die Präsidentschaftswahl soll am 23. Mai beginnen. Falls im ersten Wahlgang niemand die absolute Mehrheit erhält, soll im Juni eine Stichwahl stattfinden.
Verfassung in weiter Ferne
Nachdem das von Islamisten dominierte Parlament die Verfassungsgebende Versammlung vornehmlich aus den eigenen Reihen besetzt hatte, hatte das liberale Lager den Prozess für illegitim erklärt. Jetzt wird um die Bildung einer neuen Versammlung gerungen. Von einem fertigen Verfassungstext, der dann dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden soll, ist man jedoch noch weit entfernt. Beobachter vermuten jedoch, Tantawi wolle die Wahl nicht verschieben, sondern mit seinen Worten nur den Verfassungsprozess beschleunigen.
In dieser Woche soll sich entscheiden, wer bei der Wahl kandidieren darf. Drei der aussichtsreichsten Kandidaten - der Muslimbruder Khairat al-Shater, Mubaraks ehemaliger Geheimdienstchef Omar Suleiman und der radikal-islamistische Prediger Hazem Salah Abu Ismail - waren am Wochenende aus formalen Gründen disqualifiziert worden. Sie haben alle Einspruch eingelegt, über den die Wahlkommission entscheiden muss.
Abweichende Umfragen
Nach einer Meinungsumfrage aus der vergangenen Woche hätte Suleiman die meisten Stimmen von allen Kandidaten erhalten. Laut einer Umfrage des staatlichen Al-Ahram Zentrums für Politische und Strategische Studien würden die meisten potenziellen Suleiman-Wähler ihre Stimme, falls er endgültig ausgeschlossen werden sollte, zwei anderen Ex-Mubarak Ministern geben: Dem früheren Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, der unter Mubarak als Außenminister gedient hatte, und Ahmed Schafik, den Mubarak während der Massenproteste Anfang 2011 zum Regierungschef ernannt hatte.
(Ag.)