Wirbel vor Elsner-Prozess: Richter doch befangen?

BAWAG-BERUFUNG: ELSNER BEIM OGH
BAWAG-BERUFUNG: ELSNER BEIM OGH(c) APA/HERBERT NEUBAUER (Herbert Neubauer)
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Im Vorfeld der Neuauflage des Bawag-Verfahrens am 25. April bekämpft Helmut Elsner weiter seinen Richter – wegen Befangenheit.

Wien. „Helmut Elsner ist dringend verdächtig, das Verbrechen der Untreue (. . .), das Verbrechen des schweren Betruges (. . .) begangen zu haben." Dies schrieb Richter Christian Böhm vom Straflandesgericht Wien am 10. Juni 2010 in einem Beschluss, mit dem die U-Haft von Ex-Bawag-General Helmut Elsner verlängert wurde.

Genau dieser Richter (er schrieb insgesamt vier solche Beschlüsse) soll bei der Neuauflage des Bawag-Prozesses (Start: 25. April, siehe Kasten) völlig unbefangen über Elsner urteilen. Damit will sich der Ex-Bankchef nicht abfinden. Und erhält nun Schützenhilfe. Strafrechtsprofessor Klaus Schwaighofer von der Uni Innsbruck: „Dieser Richter sollte nicht Hauptverhandlungsrichter sein."

Ein Antrag auf Ausschließung des Richters wegen Befangenheit wurde vom Präsidium des Straflandesgerichts Wien (Graues Haus) abgewiesen. So wurden die Weichen für den neuen Untreue-Prozess um die „Karibik-Spekulationen" gestellt. Elsner, schon zu zehn Jahren Haft verurteilt, muss auf Bawag-Initiative (Subsidiaranklage) erneut vor Gericht.

Richter Böhm erachtet sich selbst als „subjektiv nicht ausgeschlossen". Und meint, „auch objektiv" kein Verhalten gesetzt zu haben, das eine Befangenheit nahelege. Soweit er über die U-Haft entschieden habe, habe es sich „in keiner Weise um eine Aufnahme von Beweisen für die Beurteilung der Sache selbst, somit auch nicht um Ermittlungstätigkeit gehandelt". Letzteres liest sich trocken, ist aber - formalrechtlich - wichtig.

Laut Strafprozessordnung ist ein Richter (abgesehen von anderen Gründen, Beispiel: Verwandtschaft zum Beschuldigten) vom Prozess ausgeschlossen, wenn er zuvor im Ermittlungsverfahren tätig war - als sogenannter Haft- und Rechtsschutzrichter. Im Bawag-Verfahren folgte Böhm der Richterin Claudia Bandion-Ortner nach, die ihrerseits dem Ruf in die Politik gefolgt und Justizministerin geworden war. Böhm sei somit gleich als Verhandlungsrichter eingestiegen, heißt es im Grauen Haus.

Befassung des OGH angepeilt

„Der Gesetzgeber will aber nicht, dass jemand entscheidet, der sich schon vorher intensiv mit der Sache befasst hat", erläutert Schwaighofer. De facto habe Böhm all die Monate zuvor „wie ein Haft- und Rechtsschutzrichter agiert". Daher: „Wenn man die Ratio des Gesetzes drüberstülpt, sollte er nun nicht Hauptverhandlungsrichter sein."

Elsners Anwalt Tassilo Wallentin weist in einer Beschwerde gegen die Entscheidung des Grauen Hauses darauf hin, dass ein anderer Vertreter der Uni Innsbruck ein mögliches Urteil im Prozess gar als „nichtig" einstuft - sollte der umstrittene Richter nicht abgezogen werden. Dennoch dürfte diese Beschwerde nur minimale Chancen haben, da gegen den Beschluss des Gerichtspräsidiums an sich kein Rechtsmittel zulässig ist. Wallentin kündigt an, auch die Generalprokuratur einzuschalten. Und zwar mit der Anregung einer „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes". Theoretisch könnte auf diesem Weg der Oberste Gerichtshof den Richter ausschließen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2012)

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