Pirat ist nicht gleich Pirat

Ein Hype in Deutschland und ein Mandat in Tirol machen noch keine Parlamentspartei.

Auch die Grünen hatten ihren ersten Erfolg in der Provinz. Ebenso im Westen – in ihrem Fall in Vorarlberg. Mit 13 Prozent zogen sie 1984 in den dortigen Landtag ein.

So ist es nun auch bei den Piraten. Während in Wien – wie am jüngsten Parteitag ersichtlich – das aus alternativem Politmilieu bekannte Chaos vorherrscht und sich diverse Selbstdarsteller gegenseitig das Wasser abgraben, hat die weniger sektiererische Tiroler Piratenpartei in Innsbruck ein Mandat erobert.

Pirat ist eben nicht gleich Pirat. Das sieht übrigens auch die Tiroler Piratenpartei so, die sich von ihrer „Mutterpartei“ in Wien strikt distanziert.

Sicherheitshalber setzt so mancher lang gediente Grüne, dem diese Geschichte aus persönlicher Erfahrung bekannt vorkommt, nun aber einmal auf Wandel durch Anbiederung – indem die Piraten mit fixen Listenplätzen geködert werden. Ähnliches wird seinerzeit möglicherweise schon die britische Marine versucht haben. Allein aus Stolz wird sich ein echter Pirat versagen müssen. Allerdings: Ganz unvernünftig wäre es wohl nicht.

Ohne den medialen Hype aus Deutschland wäre das Zeitgeistphänomen Piratenpartei ohnehin nicht denkbar. Aber auch dort könnte aus dem Piraten- über kurz oder lang ein Geisterschiff werden. So hält sogar das Polit-Pin-up der deutschen Piratenpartei, deren nun scheidende Geschäftsführerin Marina Weisband, ihre Partei nicht für regierungsfähig: „Wir wären ein furchtbar nerviger Koalitionspartner. Das bringt jede Partei zum Kotzen.“

Ganz auszuschließen ist es zwar nicht, dass es den Piraten gelingt, die grüne Erfolgsgeschichte zu wiederholen. In Österreich sieht es aber – was deren Bundespartei betrifft – derzeit eher nicht danach aus.

oliver.pink@diepresse.com

Auf einen Blick

Grüne Piraten? Nach dem Erfolg der Freibeuter bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck will Grün-Mandatar Peter Pilz Vertreter der Piratenpartei ins grüne Boot holen. Bei der Nationalratswahl 2014 sollen Piraten an „wählbarer Stelle“ auf der grünen Liste kandidieren. Pilzs Idee stößt bei seinen Parteifreunden aber durchwegs auf Skepsis. ÖVP-Vizekanzler Spindelegger erklärte, man solle neuen Bewegungen wie den Piraten mit mehr direkter Demokratie entgegensteuern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2012)

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