Rom: Kein Dialog mit Schüller & Co.

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Vatikan-Sprecher Lombardi erklärt, Österreichs Bischöfe müssten mit der Pfarrerinitiative Gespräche führen. Rom müsse sich nicht um alles kümmern, schließlich handle es sich um ein „Pastoralproblem“.

Vatikanstadt. Rom müsse sich nicht um alles kümmern. Es gelte das alte katholische Prinzip der Subsidiarität. Mit diesen Worten antwortet Vatikansprecher Federico Lombardi auf Fragen österreichischer Journalisten nach einem allfälligen Dialog des Vatikans mit der Pfarrerinitiative. Und: Es sei Aufgabe der österreichischen Bischöfe, diesen Dialog zu führen, schließlich handle es sich um ein „Pastoralproblem“.

Papst Benedikt XVI. hatte in einer Predigt am Gründonnerstag die Pfarrerinitiative und den „Aufruf zum Ungehorsam“ aus ihren Kreisen gerügt und einige Fragen an die Initiatoren gestellt. Deren Sprecher Helmut Schüller hatte dies als eine Art Einladung zu einem Dialog interpretiert.

Lombardi spricht im Palazzo Pio gegenüber der Engelsburg zu einer Gruppe österreichischer Journalisten, die den steirischen Diözesanbischof und „Medienbischof“ Egon Kapellari nach Rom begleiten. Zweck der Reise ist es, die Strukturen des Vatikans, vor allem auch die medialen, differenzierter kennenzulernen. Lombardi betont vor den Redakteuren, wie wichtig diesem Papst die Beziehung von Glaube und Vernunft sei. Wie vernünftig ist das Korps der Journalisten in Rom? Der Leiter des Presseamtes verpackt den Tadel an Kirchenkritikern in folgendes Argument: „Unter Journalisten gibt es wunderbare Leute, ich habe jedoch auch sehr dumme gefunden... Wer aber den Papst verstehen will, kann ihn verstehen.“

Rom, Zentrum des Katholizismus, geistige Heimat für eine Milliarde Katholiken, 400.000 Priester, 4000 Bischöfe. Hier laufen die Kommunikationsstränge zusammen, auf einer Fläche wie jener der Wiener Innenstadt. Wenn es eine lässliche Sünde gibt, die weit verbreitet ist, dann wohl die des Tratsches. Es wird genau notiert, wer wen trifft, wer was über wen in welchem Tonfall sagt. Im Kirchenstaat ist auch profane Machtpolitik ausgeprägt. Darüber wird rund um die Welt berichtet, oft in Form von Fama.

Kapellari: Keine Einladung fortzufahren

Die Gespräche über 50 Jahre Zweites Vatikanisches Konzil, Zukunft der Ökumene, die Beziehung von Kirche und Kunst treten in den Hintergrund. Die Fragen der Journalisten kreisen immer wieder um die Nachrichten von der Pfarrerinitiative in Österreich, um die Wortmeldungen ihres Initiators Helmut Schüller. Was sagt Bischof Kapellari zum Tadel des Papstes an den ungehorsamen Pfarrern? „Sein Text war moderat, er hat keine Tür zugeschlagen, aber seine Worte sind überhaupt keine Einladung an die Priester, auf diesem Weg fortzufahren. Ich sehe das nicht so wie Pfarrer Schüller.“

Bei dessem strategischen Spiel mit Worten, dass Ungehorsam nicht mehr Ungehorsam sein solle, bei dem es aber weitgehend um Zentrales gehe, vermisst der Bischof die Redlichkeit. Kapellari zitiert den chinesischen Weisen Laotse: „Wenn die Begriffe nicht mehr stimmen, gerät das Staatswesen in Unordnung.“ Er verstehe sich als einen Mann der unbequemen Mitte, sagt der Diözesanbischof dann in einer allgemeinen Bemerkung zu seinem Amtsverständnis und fügt leise hinzu: „Für mich ist Jesus Christus die Mitte.“ Um Balance ist in der Causa Ungehorsam auch Benedikt Steinschulte vom päpstlichen Rat für die sozialen Kommunikationsmittel bemüht. Er sieht darin vor allem eine semantische Frage.

In Italien „völlig undenkbar“

Viele Missverständnisse rührten von ungenügenden Übersetzungen her, das sei eben das Problem einer Weltkirche: „Im deutschsprachigen Raum klingt der Begriff Ungehorsam ganz anders als in den romanischen Ländern. Es ist völlig undenkbar, dass so etwas in Italien passieren würde. In meiner Kirche wurde für die 300 Priester in Österreich gebetet, dass sie ihren Weg korrigieren.“ Ein Laie habe diese Bitte vorgetragen. „Mindestens im romanischen und slawischen, aber auch weithin im deutschsprachigen Raum gilt eine Deklaration von priesterlichem Ungehorsam als spiritueller Bankrott“, fügt Bischof Kapellari deutend hinzu.

Heute aber würden Nachrichten wie solche über die Pfarrerinitiative, an sich regionale Angelegenheiten, sofort weltweit zur Kenntnis genommen. „Auch wir durchleben die digitale Revolution“, sagt Monsignore Paul Tighe, Sekretär dieses päpstlichen Rates, der sich um die Nutzung neuer Kommunikationswege kümmert, ums Twittern, um die Blogs, die rasche Nachricht. „Es ist doch ein gutes Zeichen, dass vor allem junge Menschen über diese neuen Medienformen Nähe suchen, Beziehungen aufbauen wollen.“

Wie also soll man die mahnende Antwort des Papstes an die österreichischen Rebellen auffassen? Seine Kritik habe der Papst offenbar in eine rhetorische Frage gekleidet, sagt Steinschulte: „Benedikt XVI. ist ein sehr gutmütiger Vorgesetzter.“ Warum hat er die Causa überhaupt erwähnt? Vielleicht sehe er die Gefahr, dass der Funke nach Deutschland überspringen könne, vermutet Steinschulte: „Ein deutschsprachiger Katholik macht im Notfall eine Kirchenspaltung, ein Italiener nicht, der arrangiert sich.“

Auf einen Blick

Pfarrerinitiative. Die im April 2006 ins Leben gerufene Pfarrerinitiative will Laien predigen lassen und die Kommunion auch Geschiedenen und Ausgetretenen spenden. Papst Benedikt XVI. hatte am Gründonnerstag Kritik an der Initiative und deren „Aufruf zum Ungehorsam“ aus dem Vorjahr geübt. Von Helmut Schüller war dies als Aufforderung zum Dialog missverstanden worden. Denn wie Vatikan-Sprecher Federico Lombardi nun mitteilte, lehnt der Vatikan einen direkten Dialog zwischen der Pfarrerinitiative und dem Papst ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2012)

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