Umbenennung: Aus für Lueger-Ring

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Symbolbild(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Der nach Karl Lueger benannte Teil der Wiener Ringstraße zwischen Burgtheater und Schottengass wird künftig "Universitätsring" heißen - auf Wunsch der Uni Wien, weil Lueger Antisemit und Intellektuellenfeind war.

Wien/Eko. Vermutlich wird das Straßenschild an der Universität Wien bald ins Museum wandern, denn schon im Herbst 2012 soll der „Dr.-Karl-Lueger-Ring“ einen anderen Namen tragen. Nach jahrelangen Debatten stellte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny am Donnerstag den Plan vor, den Abschnitt der Ringstraße zwischen Burgtheater und Schottengasse in „Universitätsring“ umzubenennen. Noch im Sommer wird die rot-grüne Rathauskoalition die Umbenennung der prominenten Verkehrsfläche beschließen.

Es kommt selten vor, dass bestehende Straßen oder Plätze in Wien umbenannt werden. Zuletzt waren das 2005 bzw. 2006 in der Leopoldstadt die Heinrich-Maxa-Gasse, die zum Marathonweg wurde, und die Ichmanngasse, die nun nach Simon Wiesenthal benannt ist. Hintergrund in beiden Fällen war, dass die Namensgeber prominente NSDAP-Mitglieder waren. Lueger wiederum, christlichsozialer Bürgermeister Wiens von 1897 bis 1910, gilt als Wegbereiter des Antisemitismus, auf ihn berief sich auch Adolf Hitler.

Schon lange tobt deswegen ein Streit, wie sehr die Stadt Wien ihren früheren Bürgermeister würdigen darf – immerhin fielen in seine Amtszeit kommunalpolitische Großtaten wie die Errichtung der Wiener Hochquellenwasserleitung oder der Bau des Psychiatrischen Krankenhauses am Steinhof. Auf der anderen Seite steht Luegers Propaganda, in der er den Antisemitismus zum Programm erhob.

Viele Orte erinnern an Lueger

Mit dem Ringabschnitt und dem Lueger-Platz bei der Wollzeile sind gleich zwei prominente Verkehrsflächen nach der widersprüchlichen Figur der Wiener Geschichte benannt. Dazu kommt ein Denkmal auf dem Lueger-Platz, eine nach ihm benannte Eiche im Rathauspark, die Lueger-Kirche am Zentralfriedhof und zahlreiche weitere Gedenkorte. Gerade diese Vielzahl ist es auch, mit der die Stadt Wien ihre Entscheidung rechtfertigt, den Lueger-Ring umzubenennen – es gebe ja noch genügend andere Plätze, die die Erinnerung an Lueger hochhalten.

Dass von all den Orten nun gerade der Ring einen neuen Namen bekommt, geht auf einen Wunsch der Universität Wien zurück. Rektor Heinz Engl wünschte sich zum 650-Jahr-Jubiläum, das 2015 begangen wird, eine neue Adresse. Schließlich sei Lueger nicht nur als Antisemit, sondern auch als Intellektuellenfeind in Erscheinung getreten, der gegen Wissenschaft und Professoren gewettert habe. Diesen Wunsch nahm die rot-grüne Stadtregierung als Steilvorlage, um den schon lange gehegten Wunsch der Grünen nach einer Umbenennung umzusetzen. Und widmete den Ringabschnitt auch gleich der Universität.

Dementsprechend kam von Universität und Hochschülerschaft Zustimmung, so wie auch von der Israelitischen Kultusgemeinde. FP-Klubobmann Johann Gudenus sieht die Umbenennung hingegen als „linken Gesinnungsterror“, VP-Chef Manfred Juraczka plädiert zwar für eine differenzierte Betrachtung, spricht der Stadtregierung, „die lustvoll Denkmäler für den Massenmörder Che Guevara errichtet“, aber den Status als moralische Instanz ab.

Acht Hausnummern betroffen

Dass die Stadt Wien nur selten bestehende Flächen umbenennt, liegt auch daran, dass dies einige praktische Probleme aufwirft – so müssen etwa die Anrainer Dokumente auf die neue Adresse ändern. Im konkreten Fall sind Büros und Institutionen auf acht Hausnummern betroffen. Für sie hat die Stadt mit der Post ausverhandelt, dass ein Jahr lang Sendungen an die alten und an die neuen Adressen parallel zugestellt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2012)

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