Die Stunde der Ideologen

Zur Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Rings ist grundsätzlich alles gesagt: Wir wissen jetzt, wer dafür ist, wer dagegen, wer einen starken Frauennamen will und wer der Meinung war, dass im Gegenzug endlich unter sozialistischen Straßenpatronen aufgeräumt werden müsste.

Zur Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Rings ist grundsätzlich alles gesagt: Wir wissen jetzt, wer dafür ist, wer dagegen, wer einen starken Frauennamen will und wer der Meinung war, dass im Gegenzug endlich unter sozialistischen Straßenpatronen aufgeräumt werden müsste.

Erschreckend ist, mit welcher Vehemenz und offenen Feindseligkeit diese Debatte geführt wird: Luegers historisches Vermächtnis hängt ja nicht daran, ob eine Straße nach ihm benannt ist – trotzdem bekommt man, wenn man liest, was Vertreter verschiedener Lager so von sich geben, den Eindruck, dass man sich im Justizpalast besser schnell nach ein paar Brandmeldern umschauen sollte.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass derart geladene Debatten – auch ein Deserteursdenkmal auf dem Heldenplatz und das Dollfuß-Ehrengrab polarisieren – in Zeiten auftauchen, in denen die aktuelle Politik in einer visionslosen Endlosschleife feststeckt, aus der nicht einmal das anstehende Wahljahr Ausbruch verspricht. Ob es da ein guter Ausweg ist, verstärkt auf ideologische Fragen zu setzen, darf man bezweifeln – bei Trockenheit sind schon kleine Funken gefährlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2012)

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