Syrer flehen um Hilfe: "Wir werden abgeschlachtet"

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Vermittler Kofi Annan erhebt schwere Vorwürfe gegen das syrische Regime. Die Waffen schweigen nur, wie kürzlich in Hama und Homs, wenn Vertreter des bisher 15-köpfigen Blauhelm-Vorauskommandos vor Ort sind.

Kairo. Hinter den verschlossenen Türen des UN-Sicherheitsrates sparte Kofi Annan nicht mit harten Worten. Die Lage in Syrien sei „desolat“ und die Gewalt „absolut unakzeptabel“, urteilte der Syrien-Vermittler, wie Diplomaten in New York nach dem Treffen berichteten.

Die Entwicklung sei „total konträr zu dem Willen der internationalen Gemeinschaft“. Besonders erbost zeigte sich der ehemalige UN-Chef in der Videokonferenz über die Behauptung des syrischen Außenministers Walid al-Mouallem, der Abzug aller Kampfpanzer und Geschütze aus den Wohngebieten sei „abgeschlossen“. Satellitenbilder beweisen das Gegenteil.

Und die schweren Waffen schweigen nur, wie kürzlich in Hama und Homs, wenn Vertreter des bisher 15-köpfigen Blauhelm-Vorauskommandos vor Ort sind. Sind die UN-Teams wieder weg, gehen die Angriffe weiter. So wurden nach Angaben der in Damaskus ansässigen „Syrischen Liga für Menschenrechte“ Anfang der Woche in Hama neun Bewohner exekutiert, nachdem sie tags zuvor im Stadtzentrum mit den internationalen Beobachtern gesprochen hatten.

Truppen nahmen anschließend den Stadtteil Arbaeen unter Feuer und richteten ein Massaker an, bei dem mindestens 40Menschen ums Leben kamen, zahlreiche Bewohner wurden von Milizen aus ihren Häusern verschleppt.

 

„Nieder mit Assad!“

Diese waren zuvor bei Ankunft der Blauhelme zu einer spontanen Demonstration zusammengelaufen und hatten „Lang lebe Syrien, nieder mit Assad“ skandiert. Auf einem Video ist eine schwarz gekleidete Frau zu sehen, wie sie den marokkanischen Kommandeur der Blauhelme um Schutz anfleht. „Wir werden abgeschlachtet, unsere Kinder sind tot“, rief sie.

Landesweit sind seit dem Beginn der Waffenruhe am 12.April mindestens 300Menschen gestorben. Insgesamt verloren bei dem 14-monatigen Volksaufstand gegen das Baath-Regime bisher weit über 10.000Syrer ihr Leben. „Wir brauchen Augen und Ohren vor Ort, die sich schnell und frei bewegen können”, erklärte Annan und forderte, die vom Weltsicherheitsrat zugesagten 300Blauhelme müssten möglichst schnell nach Syrien geflogen werden. Nur eine stärkere UN-Präsenz könne die Dynamik vor Ort verändern. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon kündigte an, man wolle Beobachter in mindestens zehn der umkämpften Städte permanent postieren.

Syrien dagegen spielt weiter auf Zeit. So will Präsident Bashar al-Assad keine Beobachter aus Staaten der Gruppe der „Freunde Syriens“ ins Land lassen. Stattdessen verlangt Damaskus, die UN-Emissäre sollten vor allem aus Russland und China kommen – Staaten, die als Vetomächte bisher eine Verurteilung des Regimes im UN-Sicherheitsrat blockiert haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2012)


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