Syrien: "Assad muss weg - tot oder lebendig"

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Syrische Regimegegner berichten von über 100 Toten an einem Tag. Ist die UN-Beobachtermission gescheitert? Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hält Militärintervention für undurchführbar.

New york/Dubai/Apa/Dpa/Reuters. Mehrere Häuser im Viertel Masha at-Tayyar im Süden von Hama sind nach Angaben von Oppositionsaktivisten bei einer Explosion völlig zerstört worden. 70 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein, darunter 13 Kinder und 15Frauen. Der Einschlag einer „Scud“-Rakete oder Artilleriebeschuss soll die Verwüstung angerichtet haben. Unabhängige Berichte liegen indes dazu nicht vor, da die Regierung eine ungehinderte Berichterstattung nicht zulässt.

Eine UN-Mission, die einen Waffenstillstand, der seit zwei Wochen in Kraft sein sollte, überwachen soll, kommt derweil nur schleppend voran. Die ersten 100 Experten der vom Sicherheitsrat beschlossenen 300-Mann-Beobachtermission würden erst in einem Monat in Syrien eintreffen, berichteten Diplomaten am Donnerstag in New York. Derzeit ist nur eine Vorhut im Land.

Zähe Beobachtermission

Hintergrund sind offenbar technisch-logistische Schwierigkeiten bei der Vorbereitung. UN-Untergeneralsekretär Hervé Ladsous (Frankreich) hat dem Weltsicherheitsrat hinter verschlossenen Türen berichtet, dass monatlich etwa 100 Beobachter entsandt werden könnten. Personen mit entsprechender Qualifikation müssten zunächst von den Entsendeländern ausgesucht und von der UNO auf den Einsatz vorbereitet werden. Sorgen bereite auch die Ausstellung der erforderlichen Visa durch die syrische Regierung. Die Verweigerung eines Visums für einen schwedischen Beobachter war auf heftige Kritik gestoßen.

Annan hatte dem Rat berichtet, dass die Waffenruhe nur dort halte, wo die wenigen Beobachter präsent seien. Von Oppositions-Seite gab es Berichte, wonach Menschen, die mit den UN-Vertretern gesprochen hatten, nach der Abreise der Beobachter von Soldaten getötet worden sein sollen.

Nato-Chef gegen Intervention

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hält unterdessen ein Eingreifen des westlichen Militärbündnisses in den aktuellen Syrien-Konflikt für nicht durchführbar. Die Opposition in Syrien bilde keine Einheit, und es gebe keine einzige Region, die bereits von der Opposition kontrolliert werde, sagte der Nato-Chef dem deutschen Magazin „Cicero“.

Frankreichs Außenminister Alain Juppé hatte zuvor angedeutet, man werde eine Resolution nach Kapitel VII der UN-Charta im Sicherheitsrat anregen, die auch den Weg für einen Militäreinsatz freimachen könnte.

Der tunesische Staatspräsident Moncef Marzouki ist indes der Überzeugung, dass der „Annan-Plan“ zum Scheitern verurteilt sei. Die Entsendung von 300 Beobachtern nach Syrien sei völlig unzureichend, um einen Waffenstillstand durchzusetzen, sagte der ehemalige Menschenrechtsaktivist und Oppositionelle der panarabischen Zeitung „Al-Hayat“. Russland, China und der Iran sollten endlich begreifen, dass es mit Syriens Staatschef Bashar al-Assad aus sei, sagte Marzouki, und: „Dieser Mann ist zu keinen Zugeständnissen bereit.“ Assad werde abtreten müssen – „tot oder lebendig“.

Auch der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan hat zuletzt den Druck auf Syrien erhöht und Damaskus eindringlich vor Grenzverletzungen gewarnt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2012)

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